Wir wollen mit Pfaff und Adel raufen

Musikalische Blasphemien aus sieben Jahrhunderten

Bibel und Flinte (19. Jhd.)

Wir pred’gen den Heiden das Christentum, wie brav,
Und wer’s nicht will glauben, den bringen wir um, piff paff,
O selig die Wilden, die also man lehrt,
Die christliche Liebe mit Feuer und Schwert

Wir haben gar schneidige Missionär, juchhei
Den Branntwein, den Krupp und das Mausergewehr, die drei
So tragen Kultur wir nach Afrika
Geladen! Gebt Feuer! Halleluja! Durch die Mönche wurde das Christentum in die fernsten Weltteile getragen. Es ist das ein sehr zweifelhaftes Verdienst, denn das Mönchs-Christentum brachte mehr Fluch als Segen, wohin es auch immer kam. Die Marianneninseln wurden früher von 150 000 glücklichen Naturkindern bewohnt, und im Laufe der Zeit wurden sie durch christliche Krankheiten, Trunksucht und das Franziskaner-Evangelium auf 1500 elende, Christen genannte Subjekte reduziert. (Corvin)

Reaktion auf die imperialistische Kolonialpolitik im deutschen Kaiserreich. Das Lied entstammt dem „Demokratischen Liederbuch“ (Stuttgart 1898), Melodie: „Es klappert die Mühle“.

Wenn ich einmal der Herrgott wär (Eduard Amthor, 1841)

Wenn ich einmal der Herrgott wär, mein Erstes wäre das,
Ich nähme meine Allmacht her, dass ich die Lumpen fass,
Und träte einer hin zu mir und sagt: Herr, gibt mir Sieg!
Na, wart mein Jung, der Knüppel hier nimmt dir die Lust am Krieg.
Wenn ich einmal der Herrgott wär, ich will’s nun mal nicht sein,
Ich will nicht Knecht, ich will nicht Herr, nur Gleicher will ich sein.

Parodie auf ein Trinklied. Gefunden in dem 1899 in London erschienen „Sozialdemokratischen Liederbuch“ und vertont von Erich Schmeckenbecher.

Thyl Ulenspiegel
Der arme Kunrad (Heinrich von Reder, 1888)

Ich bin der arme Kunrad, in Aberacht und Bann,
Den Bundschuh trag ich auf der Stang, hab Helm und Harnisch an,
Der Papst und Kaiser hört mich nicht, ich halt nun selber das Gericht
Es geht an Schloss, Abtei und Stift, nichts gilt als wie Heilge Schrift
Ich bin der arme Kunrad, trag Pech in meiner Pfann
Heijoh! Nun geht’s mit Sens und Axt an Pfaff und Edelmann
Sie schlugen mich mit Prügeln platt und machten mich mit Hunger satt,
Sie zogen mir die Haut vom Leib und taten Schand an Kind und Weib
Ich bin der arme Kunrad, Spieß voran, Drauf und dran!

Der „Arme Kunrad“ (koan Roth = kein Rat) war eine bäuerliche Geheimorganisation im frühen 16. Jhd. im württembergischen Remstal.
Kunstgedicht über den Bauernkrieg von Heinrich von Reder (1824-1909), oft gesungen mit der Zeitangabe 1525. Unter Benutzung von Strophen und Kehrreim entstand das bekanntere „Wir sind des Geyers schwarzer Haufen“.
Wir sind des Geyers schwarzer Haufen (Hans Godwin Grimm, Kurt Zacharias, 1920)

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