Als die Römer frech geworden

Als die Römer frech geworden
Zogen sie nach Deutschlands Norden
vorne mit Trompetenschall
ritt der Generalfeldmarschall,
Herr Quintilius Varus
Herr Quintilius Varus

In dem Teutoburger Walde,
Huh! Wie piff der Wind so kalte,
Raben flogen durch die Luft,
Und es war ein Moderduft,
Wie von Blut und Leichen

Plötzlich aus des Waldes Duster
Brachen kampfhaft die Cherusker,
Mit Gott für Fürst und Vaterland
Stürzten sie sich wutentbrannt
Auf die Legionen.

Weh, das ward ein großes Morden,
Sie schlugen die Kohorten,
Nur die röm’sche Reiterei
Rettete sich noch ins Frei‘,
Denn sie war zu Pferde.

O Quintili, armer Feldherr,
Dachtest du, daß so die Welt wär‘?
Er geriet in einen Sumpf,
Verlor zwei Stiefel und einen Strumpf
Und blieb elend stecken.

Da sprach er voll Ärgernussen
Zum Centurio Titiussen:
„Kam’rad, zeuch dein Schwert hervor
Und von hinten mich durchbor,
Da doch alles futsch ist.“

In dem armen röm´schen Heere
diente auch als Volontäre
Scaevola, ein Rechtskandidat,
Den man schnöd gefangen hat,
Wie die andern alle

Diesem ist es schlimm ergangen,
Eh daß man ihn aufgehangen,
Stach man ihm durch Zung und Herz,
Nagelte ihn hinterwärts
Auf sein corpus iuris.

Als das  Morden war zu Ende,
rieb Fürst Hermann sich die Hände,
und um seinen Sieg zu weih´n,
lud er die Cherusker ein
zu ’nem großen Frühstück.

Wild gab´s und westfäl´schen Schinken
Bier, soviel sie wollten trinken
Auch im Zechen blieb er Held
Doch auch seine Frau Thusneld
soff walküremäßig
(soff als wie ein Hausknecht)

Nur in Rom war man nicht heiter,
Sondern kaufte Trauerkleider;
G´rade als beim Mittagsmahl
Augustus saß im Kaisersaal,
kam die Trauerbotschaft.

Erst blieb ihm vor jähem Schrecken
ein Stück Pfau im Halse stecken,
Dann geriet er außer sich
und schrie: „Vare, schäme dich
Redde legiones!“

Sein deutscher Sklave, Schmidt geheißen
Dacht´: Euch soll das Mäusle beißen
Wenn er sie je wieder kriegt
denn wer einmal tot daliegt
wird nicht mehr lebendig

Wem ist dieses Lied gelungen?
Ein Studente hat´s gesungen
in Westfalen trank er viel
drum aus Nationalgefühl
hat er´s angefertigt

Und zu Ehren der Geschichten
tat ein Denkmal man errichten,
Deutschlands Kraft und Einigkeit
kündet es jetzt weit und breit:
„Mögen sie nur kommen!“

Endlich nach so vielen Mühen
ist von Bandels Werk gediehen
(Bandel sieht sein Werk erblühen)
Hermann ist jetzt aufgestellt
zusammen kommt die ganz Welt
in dem lippschen Reiche

Text: Victor von Scheffel (1847) –
Musik: a) auf die Melodie von Als die Hussiten zogen vor Naumburg, mit dieser Melodie steht das Lied auch in „Volkstümliche Lieder der Deutschen“ von 1895. — b) Melodie „Neue Wiener Weise“, in Bundesliederbuch der Deutschen in Böhmen (ca 1900) — c) Melodie von A. Anger ( Melodieangaben 1897 im Liederbuch deutschnationaler Kaufmannsgehilfen gemeinsam mit Melodie a: Die Hussiten zogen… — d) Seit etwa 1900 auf „Kriegers Lust – Fest-Marsch von Josef Gungl (1810 – 1899). Das war wiederum die Melodie des lange Zeit verbotenen Liedes vom Bürgermeister Tschech und dem Attentat auf das preußische Königspaar

Victor von Scheffel schrieb den Text als Parodie auf Als die Hussiten zogen vor Naumburg, auf dessen Melodie das Lied auch bis ca 1900 noch gesungen wurde. Erst zum Ende des Deutschen Kaiserreichs wechselte die Singweise zu der heute bekannten, auf man bis dahin das verbotene Lied vom Bürgermeister Tschech sang oder pfiff.

Zur Geschichte dieses Liedes: ,

Parodien, Versionen und Variationen:

„Als die Römer frech geworden“ ist ein satirischer Liedtext von Victor von Scheffel, den er 1847 aus Spott über den damaligen Hermannskult verfasste. Das Lied von den frechen Römern wurde ursprünglich auf ein älteres Lied gesungen: “Als die Hussiten zogen vor Naumburg”. Erst seit etwa 1900 wurde das Lied nach der Melodie des lange Zeit verbotenen Liedes vom Bürgermeister Tschech und dem Attentat auf das preußische Königspaar populär, das wiederum auf “Kriegers Lust , Fest – Marsch” , von Josef Gungl (1810 – 1899), gesungen wurde. Diese Melodie war so beliebt, dass zahlreiche neue Texte darauf gedichtet wurden.

Zweite Melodie zu "Als die Römer frech geworden"

Zweite Melodie zu Als die Römer frech geworden
Zweite, weniger bekannte Melodie von „Als die Römer frech geworden“ In Bundesliederbuch der Deutschen in Böhmen (ca 1900): "Neue Wiener Weise"

Anmerkungen zu "Als die Römer frech geworden"

Text

Die Verwandtschaft zu „Als die Hussiten vor Naumburg“ wird im Text des Römer-Liedes mehr als deutlich. Die letzten beiden, hier wieder gegebenen Strophen, stehen z. B. im Feuerwehrliederbuch, und stammen nicht von Scheffel selbst,  sind aber von ihm – nach Errichtung des Denkmals – 1876 gutgeheißen worden.

Musik

Böhme merkt in „Volkstümliche Lieder der Deutschen“ 1895 an: „In neuesten Studentenliederbüchern gibt´s eine andere Melodie mit mehrfachem ulkigen Refrain Als die Römer frech geworden simserimm sim sim …“. So sang man etwa ab 1890 auch:

Als die Römer frech geworden
simserim simsim simsim
Zogen sie nach Deutschlands Norden
simserim simsim simsim
vorne mit Trompetenschall
Terätätätäterä
ritt der Generalfeldmarschall,
Terätätätäterä
Herr Quintilius Varus
Wau, wau, wau, wau, wau
Herr Quintilius Varus
Schnäde räng täng, Schnäde räng täng
Schnäde räng täng, de räng täng täng

Außerdem erwähnt Böhme, dass zwei „feuchte Strophen“ in seiner Version gestrichen wurden („auch im Zechen blieb er Held….“)

"Als die Römer frech geworden" in diesen Liederbüchern

Mit leichten Textvariationen und Kürzungen ist „Als die Römer frech geworden“ vielfach verbreitet – eine Häuserkampf-Version „Als die Mieter frech geworden“ auch in Liederbuch Ruhr (2012)

u.a. in Feuerwerker-Liederbuch (1883) – Feuerwehrliederbuch (ca. 1880) – Deutsches Armee LiederbuchLiederbuch für die Deutschen in Österreich (1884 , Melodie 1) — Deutsch-Österreichisches Studentenliederbuch (1888) — Liederschatz für das Deutsche Heer (1892, „als die Hussiten…“) —  Neues Liederbuch für Artilleristen (1893) —  Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895, Melodie „Als die Hussiten zogen vor Naumburg“) — Bundesliederbuch der Deutschen in Böhmen (ca. 1900 ) — Des Rennsteigwanderers Liederbuch (1907) — Gesellenfreud (1913 „Teutoburger Schlacht“) — Berg frei (1919) – Sport-Liederbuch (1921) — Liederbuch des jungdeutschen Ordens (ca. 1921) — Volker (1925) —  in Liederbuch für den Hannoverschen Junglandbund (1930)