Vorwort: Des Knaben Wunderhorn

Achim von Arnim und Clemens von Brentano (in: Des Knaben Wunderhorn, Band 1, 1808, Vorwort)

Wohlan sagte Grünenwald, ich will der Sache bald Rath finden. Er saß nieder, nahm sein Schreibzeug Papier Feder und Dinten und dichtet nachfolgends Liedlein:

Ich stund auf an eim Morgen
Und wollt gen München gehn
Und war in großen Sorgen
Ach Gott wär ich davon
Mein Wirth dem war ich schuldig viel
Ich wollt ihn gern bezahlen
Doch auf ein ander Ziel

Herr Gast ich hab vernommen
Du wollest von hinnen schier
Ich laß dich nicht weg kommen
Die Zehrung zahl vor mir
Oder setz mir den Mantel ein
Demnach will ich gern warten
Auf die Bezahlung dein

Die Red ging mir zu Herzen
Betrübt ward mir mein Muth
Ich dacht da hilft kein Scherzen
Sollt ich mein Mantel gut
Zu Augsburg lassen auf der Gant
Und blos von hinnen ziehen
Ist allen Singern ein Schand

Ach Wirth nun hab Gedulte
Mit mir ein kleine Zeit
Es ist nicht groß die Schulde
Vielleicht sich bald begeit
Daß ich dich zahl mit baarem Geld
Drum lasse mich von hinnen
Ich zieh nicht aus der Welt

O Gast das geschieht mit nichten
Daß ich dir borg dießmal
Dich hilft kein Ausred Dichten
Tag Nacht wollst du seyn voll
Ich trug dir auf den besten Wein
Drum mach dich nur nicht müßig
Ich will bezahlet seyn

Der Wirth der sah ganz krumme
Was ich sang oder sagt
So gab er nichts darumme
Erst macht er mich verzagt
Kein Geld wußt ich in solcher Noth
Wo nicht der fromm Herr Fuker
Mir hilft mit seinem Rath

Herr Fuker laßt Euch erbarmen
Mein Klag und große Pein
Und kommt zu Hülf mir Armen
Es will bezahlet seyn
Mein Wirth von mir auf diesen Tag
Mein Mantel thut ihm gefallen
Mich hilft kein Bitt noch Klag

Den Wirth thät bald bezahlen
Der edel Fuker gut
Mein Schuld ganz über alle
Das macht mir leichten Muth
Ich schwang mich zu dem Thor hinaus
Adie du kreidiger Wirthe
Ich komm dir nimmer ins Haus

Dies Liedlein faßt Grünenwald bald in seinen Kopf , ging an des Fukers Hof , ließ sich dem Herrn an sagen , als er nun für ihn kam , thät er seine gebührliche Reverenz , demnach sagt er Gnädiger Herr, ich hab vernommen ,
daß mein gnädiger Fürst und Herr allhie aufbrechend auf München zu ziehen will .

Nun hab ich je nicht von hinnen können scheiden,  ich hab  mich dann mit Euer Gnaden abgeletzet. Habe Deren zu lieb ein neues Liedlein erdicht, so Euer Gnad das begehrt zu hören, wollt ichs Deren zu letze singen, Der gute Herr so dann von Art ein demüthiger Herr war, sagt Mein Grünenwald, ich wills gern hören, wo sind deine Mitsinger, so dir behülflich seyn werden, laß sie kommen. Mein Gnädiger Herr sagt er, ich muß allein singen dann mir kann hierin weder Baß noch Diskant helfen.

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