Über die Marseillaise

Franz-Magnus Böhme (in: Volkstümliche Lieder der Deutschen, 1895, S. 560f)

Der weltberühmte französische Kriegs- und Nationalgesang und zugleich Marsch entstand im Jahre 1792 zu Straßburg als „Chant de guerre pour l armée du Rhin“, und weil er zuerst von den Marseiller Freiwilligen bei ihrem Einzug in Paris gesungen wurde, bekam er dadurch seinen noch gebräuchlichen Namen „la Marseillaise“. Im Jahre 1792 sammelte sich eine Armee zu Straßburg, um den Feldzug gegen Oesterreich und Preußen zu beginnen, welche Mächte Frankreich den Krieg erklärt hatten. Am Abend vor dem Abmarsch wurde in einer Gesellschaft junger Offiziere von einem bürgerlichen Beamten, der sich in Gesellschaft befand, der Vorschlag gemacht, ein Kriegslied für die Armee zu schreiben und man wandte sich besonders an den anwesenden Rouget de Lisle, der damals Offizier im Geniecorps war und bereits nicht unbedeutende Proben seines Talents als Dichter und Musiker abgelegt hatte.

Er lehnte die Aufforderung ab, da er wohl Begeisterung, aber nicht hinreichende Befähigung zu einem so großen Werke in sich fühle. Er kehrte in der Nacht aus der Gesellschaft nach Hause zurück, enthusiasmiert und aufgeregt in nicht gewöhnlicher Weise. Am Morgen kam der Beamte, um die Aufforderung von gestern dringender zu wiederholen und fand Rouget le Lisle auf dem Stuhle eingeschlafen, vor ihm lag ein Gedicht mit dazu gehörender Melodie, es war die Marseillaise.

Er las es durch, mit unendlicher Begeisterung schloß er den Erwachenden in seine Arme, er ahnte, dass seinem Freunde das große Werk gelungen sei. Schnell wurde das Lied vervielfältigt und noch an demselben Tage gesungen, nach wenigen Tagen hatte es durch die Marseiller bei ihrem Einzuge in Paris (Juni 1792) den Sieg davon getragen, und noch kein Jahr alt, gewann es die Schlacht bei Jemappe.

So wurde das Lied aus einem Kinde der Revolution gar bald ein Held. Nach der Revolutionszeit unter der Regierung Napoleons und nach dessen Sturz schwieg es lange Zeit bis zur Julirevolution 1830, und dann wieder kam es 1848 zu neuem Erwachen in Frankreich während der 3. Revolution, ebenso spielte es 1870/71 beim Sturz der Kaiserei seine gewaltige Rolle. Der in Frankreich unter Königen und Kaisern verbotene Gesang wurde auch in Deutschland 1848/49 verboten und selbst das Aufspielen der bloßen Marschmelodie galt als revolutionär.

Wer hat die Melodie zu diesem gewaltigen Gesange geschaffen ? In den ältesten und meisten Zeitungsberichten wird der Dichter des Textes Rouget de Lisle zugleich als Komponist der Musik genannt, da er erwiesenermaßen gut musikalisch war auch in späteren Jahren noch manche andere Gesänge wirklich selbst komponiert hat, ist und bleibt diese Annahme die glaublichste und herrscht jetzt in Frankreich kein Zweifel mehr über die Autorschaft, da diese wie ich berichtet bin, auf Klagen der Nachkommen des Komponisten gerichtlich festgestellt worden sei.

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  • Coussemaker (19. April 1805)

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