Die Waldbäume (Einleitung)

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Die Waldbäume, diese großen, uralt einheimischen PIlanzen, müssen an erster Stelle betrachtet werden. Mit ihnen lebte das deutsche Volk von alters her innigst zusammen. Sie werden uns über die Erotik, die unser Volk in grauer Vorzeit um die Pflanzenwelt spann, die ersten Aufschlüsse gewähren.

Wir sahen aus den Vorbemerkungen, die Vorstellung in jenen primitiven Entwicklungszuständen war: Mensch und Pflanze sind durchaus gleichartig. Die Pflanze hat eine Seele wie der Mensch, ihr Leib ist das sichtbare Kraut oder der Strauch oder der Baum, den sie nicht verlassen kann. Der Leib wird vielfach mit dem menschlichen verglichen, so sah man bei einigen Pflanzenleibern menschliche Glieder z. B. bei der Alraunwurzel, bei der Orche. Man bekleidete Bäume mit menschlichen Kleidern, wie das schon die alten Hellenen taten. Man dachte sich also die Pflanzen, hier speziell die Waldbäume, ganz als Personen. Das sehen wir noch bis in unsere Zeit hinein. Dem Volksglauben heilige Bäume werden noch in Volksliedern, Krankheits- und Segenssprüchen, Kinderreimen usw. mit Herr oder Frau angeredet. Man spricht von der Frau Hasel, Frau Eller, Frau Holler oder Ellhorn, Frau Kranewitt (Wachholder). In einigen Bäumen sah man männliche, in anderen weibliche Wesen. In den nordischen Poesien sind Platane, Esche, Eberesche männlich gedacht, ihre Namen werden auf Männer übertragen; und Birke, Linde sind Frauen, ihre Namen werden zu Frauennamen benutzt. Ursprünglich scheint aber nach germanischer Vorstellung in allen  Bäumen ein männlicher Dämon gewohnt zu haben. Das werden uns einige Bräuche, die Frauen mit der Lebensrute zu schlagen und das Einholen des Maibaums durch Frauen, zeigen.

Die Hülfe der Baumgeister nahm man in allen Leibes-. und Geistesnöten in Anspruch. Man bat und flehte zu ihnen in Krankheiten wie im Geschlechtsleben, und man opferte ihnen aus Dankbarkeit Tier- wie Menschenopfer. Man rief ihre Hilfe an in der Liebe, im Liebeszauber, in der Ehe, um Fruchtbarkeit zu erzielen und Kinder zu erhalten und Reichtum an Vieh und Nahrung zu bekommen. Man machte sie sich dienstbar und nahm, was sie darboten.

Von der Verehrung schritt man zur Anwendung ihrer Blätter, Blüten, Früchte, Wurzeln. Denn offenbar hat man aus der Baumverehrung erst die Heil- und Zaubermittel für erotische und sexuelle Zustände gefunden. So z. B. entdeckte man durch die Verehrung des Eichbaumes seine medizinischen Eigenschaften, die Gerbsäure des Holzes, der Blätter, der Früchte. Man sott das Eichenlaub im Frühjahr und stillte allzustarke Regeln; man tat das Eichenlaub in kleinen Säckchen um den Leib und beruhigte die „aufsteigende Gebärmutter“; man benutzte den Aufguß auf die tanninhaltige Eichenrinde gegen den Weißfluß der Frauen. —

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