O alte Burschenherrlichkeit

O alte Burschenherrlichkeit
wohin bist du entschwunden
Nie kehrst du wieder gold´ne Zeit
so froh und ungebunden!
Vergebens spähe ich umher
ich finde deine Spur nicht mehr.
O ierum, ierum, ierum
O quae mutatio rerum

Den Burschenhut bedeckt der Staub
Es sank der Flaus in Trümmer
Der Schläger ward des Rostes Raub
Erblichen ist sein Schimmer
Verklungen der Kommersgesang
Verhallt Rapier- und Sporenklang
O ierum . . . .

Wo sind sie, die vom breiten Stein
Nicht wankten und nicht wichen
Die ohne Moos bei Scherz und Wein
Dem Herrn der Erde glichen?
Sie zogen mit gesenktem Blick
In das Philisterland zurück.
O ierum . . . .

Da schreibt mit finsterem Amtsgesicht
Der eine Relationen.
Der andere seufzt beim Untericht
Und der macht Rezensionen
Der schilt die sünd’ge Seele aus
Und der flickt ihr verfallnes Haus.
O ierum . . . .

Allein das rechte Burschenherz
Kann nimmermehr erkalten
Im Ernste wird, wie hier im Scherz
Der rechte Sinn stehts walten
Die alte Schale nur ist fern
Geblieben ist uns doch der Kern
Und den laßt fest uns halten

D’rum Freunde reichet euch die Hand
Damit es sich erneue
Der alten Freundschaft heil’ges Band
Das alte Band der Treue
Klingt an und hebt die Gläser hoch
Die alten Burschen leben noch
Noch lebt die alte Treue

Text: Verfasser unbekannt (1825)
Musik: Komponist unbekannt, die Melodie 1833 noch zu „Was fang ich armer Teufel an„, von wo auch der Refrain übernommen wurde, der ursprünglich nicht zur „Burschenherrlichkeit“ gehörte.
über das Lied und seinen Hintergrund siehe Wikipedia

Später entstandene Strophen:

Auf öder Strecke schraubt und spannt
Das Fadenkreuz der eine
Der andre seufzt beim Blockverband
Und der setzt Ziegelsteine
Der kocht aus Rüben Zuckersaft
Und der aus Wasser Pferdekraft
O ierum . . . .

Zur Börse schnell der eine rennt
Zu tät’gem Geschäfte
Der andre sitzt beim Kontokorrent
Und der nützt fremde Kräfte
Der importiert aus Turkestan
Und der bohrt seine Schuldner an.
O ierum . . . .

Da ochst mit finstrem Angesicht
der eine an Motoren
der andre in die Berge bricht
und der hats mit den Chloren
Der eine füllt die Täler aus
und der baut ein ästhetisch Haus
o jerum….

(– Albvereins-Liederbuch (ca. 1900)

Liederthema:
Liederzeit: vor 1825 : Zeitraum: ,
Geschichte dieses Liedes:

Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen: O alte Burschenherrlichkeit ist ein Lied eines unbekannten Verfassers, das zuerst in der Berliner Zeitschrift „Der Freimüthige“   am 9. August 1825 unter dem Titel „Rückblicke eines alten Burschen“ gedruckt wurde. Die erste Zeile wurde zu einem geflügelten Wort vor allem in studentischen Verbindungen und Burschenschaften. Das Lied wurde ins Schwedische, Niederländische, Estnische und Lettische übersetzt. Besonders in Schweden ist es noch immer populär. In vielen Pubikationen steht Eugen Höfling als Urheber, was aber unwahrscheinlich ist, da er zur Zeit der Erstveröffentlichung erst 16 Jahre alt war und weit weg von Berlin lebte.  (Wikipedia)

Anmerkungen zu "O alte Burschenherrlichkeit"

Dieses Gedicht ohne Angabe eines Verfassers steht zuerst in der Berliner Zeitschrift „Der Freimüthige oder Unterhaltungsblatt für gebildete unbefangene Leser“, Herausgeber Dr August Kühn, Nummer vom 9 Aug 1825, dort mit der Überschrift: „Rückblicke eines alten Burschen …“, fast genau in derselben Form, wie es heute gesungen wird, nur das „quae mutatio rerum“ fehlt. So berichtet Dr Wilh. Erman, k. Bibliothekar in Berlin in Nr 8 der Burschenschaftlichen Blätter 1890.

Auf einer Marburger Studenten Versammlung 1877 wurde auf Grund unzuverlässiger Angaben der hess. Sanitätsrat Eugen Höfling zu Eschwege (gestorben daselbst 1880) zum Dichter dieses Liedes gemacht, sogar eine Gedenktafel an dessen Sterbehaus 1882 angebracht, wozu V. Scheffel die Inschrift verfasste. Doch das war nur ein Begeisterungsrausch, eine Täuschung, die Gedenktafel wird man wohl wieder entfernt haben. Höfling war 1825 kaum 16 Jahr alt, noch nicht inskribiert und hätte ein 16 jähriger Jüngling wohl nicht die alte Burschenherrlichkeit so trefflich besungen. Nach wie vor ist also der Verfasser unbekannt.

Angaben nach: Volkstümliche Lieder der Deutschen, 1895.

"O alte Burschenherrlichkeit" in diesen Liederbüchern

u.a. in: Allgemeines Deutsches KommersbuchFeuerwerker-Liederbuch (1883) — Deutsch-Österreichisches StudentenliederbuchAlbvereins-Liederbuch (ca. 1900) — Gesellenfreud (nur die erste und die beiden letzten Strophen , 1913) — Deutsches Fußball-Liederbuch (ca. 1920) — Sport-Liederbuch (1921) — Liederbuch des Thüringerwald-Vereins (1927) — Schlesier-Liederbuch (1936) — Wie´s klingt und singt (1936) — CC Liederbuch (1940) —