Es ist ein Schnitter heißt der Tod

Es ist ein Schnitter, heißt der Tod
Hat Gwalt vom großen Gott:
Heut wetzt er das Messer,
es schneidt schon viel besser,
bald wird er drein schneiden,
wir müssen´s nur leiden.
Hüt dich, schöns Blümelein!

Was heut noch grün und frisch da steht,
wird morgen weggemäht:
die edel Narzissen,
die englischen Schlüsseln,
die schön Hyazinthen,
die türkischen Binden.
Hüt dich, schöns Blümelein!

Viel hunderttausend ungezählt,
was unter die Sichel fällt:
rot Rosen, weiß Lilien,
beid´ wird er austilgen,
ihr Kaiserkronen,
man wird euch nicht schonen.
Hüt dich schöns Blümelein!

Das himmelfarbne Ehrenpreis
die Tulpen geb und weiß
die silbernen Glocken, die goldenen Flocken
senkt alles zur Erden, was wird daraus werden
Hüt dich schöns Blümelein

Ihr hübsch Lavendel und Rosmarine
ihr vielfarbige Röselein
Ihr stolze Schwertlilien
ihr krause Basilien
Ihr zarten Violen
man wird euch bald holen
Hüt dich schön’s Blümelein

Trutz, Tod, komm her, ich fürcht dich nit,
komm her und tu ein´n Schnitt!
Wenn er mich verletzet,
so werd ich versetzet,
ich will es erwarten,
in himmlischen Garten.
Freu dich, schöns Blümelein!

Text: Verfasser unbekannt (1637) – Fliegendes Blatt aus dem 30jährigen Krieg
Musik: a) Komponist unbekannt (1637) – b) Luise Reichardt (1819) — c) Felix Mendelssohn-Bartholdy — d) Robert Schumann – e) Jacob Balde – Hofprediger und Professor in Augsburg (1838)
in: Deutscher Liederhort III (1895, Nr 2152, S. 849)

Zweite Melodie zu "Es ist ein Schnitter heißt der Tod"

Zweite Melodie zu Es ist ein Schnitter heißt der Tod
Melodie von Luise Reichardt (1819) in Volkstümliche Lieder der Deutschen, 1895

Anmerkungen zu "Es ist ein Schnitter heißt der Tod"

Text und Melodie zuerst auf einem fliegenden Blatt 8°, 4 Bll. „Ein schöne Maienlicd, Wie der Menschen-Schnitter, der Tod, die Blumen ohne Unterschied gehling abmähet. Jedermann Jung und Alt sehr nützlich zu singen und zu betrachten. Gedruckt im Jahr 1638.“ (Exemplar in Maltzahn’s Bücherschatz, Text 16 Strophen, s. Altdeutsches Liederbuch Nr. 650.> Auf diesem Exemplar die gleichzeitige handschriftliche Bemerkung: „Schnitterlied, gesungen zue Regenspurg da ein hochadelige junge Blumen ohnversehen abgebrochen im Jenner 1627, gedichtet im Jahr 1637.“

Das Lied wurde im 17. Jahrhundert vielfach nachgedruckt (s. Weller, Ann. I. S. 403). Später gekürzt im Wunderhorn a. A. I. 55. Kretzschmer I, S, 179. Erk, Germania, Nr. 275 und anderwärts mehr. — In den katholischen Kirchengesangbüchern fand das Volkslied erst 1705 in Cochems Gesangbuch Aufnahme, aber auch nur da. Im Wunderhorn ist es als „katholisches Kirchenlied“ (!) bezeichnet und Goethe sagt dazu: „Katholisches Kirchen- und Todeslied. Verdiente protestantisch zu sein.“ —

Mit der um 1820 von Louise Reichardt komponierten Melodie fand es weite Verbreitung, für Männerchor mit Orchester hat es Albert Becker in Berlin 1888 wirkungsvoll komponiert.

Eine Nachbildung dieses Schnitterliedes ist „Das Lied vom uralten Schütz“. Fliegendes Blatt „Ein neues Schützenlied oder Vogelgesang, von dem Uralten Schützen genannt Tod . . . Gedruckt im Jahr 1644.“ Text 57 Strophen, Anfang:

Der alte Schütz, der Tod genannt
Von Gott in d‘ Welt gesandt
Tut spannen sein Bogen
Hat er angezogen
Bald wird er abschießen
All Vögel dran müssen
Hüt dich, schöns Vögelein!

Die Benutzung der Melodie findet sich: „Der Geistliche Bräutigam, Das ist: Ein neues Geistliches Lied, Von der Hochheiligen und hocherleuchteten Jungfrauen und Ordens-Stifterin S. CLARA. Im Ton, wie das Schnitter-Lied, oder Blümel-Gesang. Gedruckt zu München, Im Jahr 1642.“ (41 Strophen, Melodie mit begleitendem Baß beigedruckt, nach den 2 ersten Zeilen ein Wiederholungszeichen)

Wohlauf mein Seel jetzt ist die Zeit
Wohlauf jetzt ist der Tag
Jetzt ist die Stund, die mir bereit
dass ich der Welt absag
Veränder mein Leben
Und tu mich ergeben
dem, der mir vor allen
allein tut gefallen
Jesu, mein Bräutigam

"Es ist ein Schnitter heißt der Tod" in diesen Liederbüchern

u.a. in: Des Knaben Wunderhorn (ca. 1806) — Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895) —  Deutscher Liederhort (1893) — Zupfgeigenhansl (1908) — Hamburger Jugendlieder (1922) – Alpenrose (1924) — Weltkriegs-Liedersammlung (1926) — Blaue Fahnen (1930) — Liederbuch für die deutschen Flüchtlinge in Dänemark (1945) —