Wenn alle untreu werden

Wenn alle untreu werden
so bleib ich euch doch treu
dass immer noch auf Erden
für Euch ein Streiter sei
Gefährten meiner Jugend
ihr Bilder bess´rer Zeit
die mich zu Männertugend
und Liebestod geweiht

Wollt nimmer von mir weichen
mir immer nahe sein,
treu wie die deutschen Eichen
wie Mond- und Sonnenschein.
Einst wird es wieder helle
in aller Brüder Sinn,
sie kehre zu der Quelle
in Lieb und Reue hin

Es haben wohl gerungen
die Helden dieser Frist,
und nun der Sieg gelungen
übt Satan neue List.
Doch wie sich auch gestalten
im Leben mag die Zeit,
du sollst mir nicht veralten
o Traum der Herrlichkeit!

Ihr Sterne, seid mir Zeugen
die ruhig niederschaun:
Wenn alle Brüder schweigen
und falschen Götzen trau’n
ich will mein Wort nicht brechen
und Buben werden gleich,
will predigen und sprechen
von Kaiser und von Reich

Text: Max von Schenkendorf – 1814 („Erneuter Schwur, an den Jahn, von wegen des heiligen teutschen Reiches“)
Musik: nach dem französischen Lied von vor 1723 „Pour aller à la chasse

Der Text wurde inspiriert durch das gleichnamige Gedicht von Novalis (1802 gedruckt). Das französische Lied „Pour aller à la chasse“ wurde in den Befreiungskriegen gegen Frankreich zu „Frisch auf zum fröhlichen Jagen“ umgedichtet (1813).

Liederthema:
Liederzeit: vor 1814 : Zeitraum:
Schlagwort:
Geschichte dieses Liedes:

Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen:

1802 schrieb Novalis ein innig-gläubiges Gedicht auf  Jesus, der so viel am Kreuz erlitten hat und dessen Leiden dennoch ganz in Vergessen gerieten. Zehn Jahre darauf nahm Max von Schenkendorf dieses Gedicht als Inspiration und verfasste während der Befreiungskriege gegen das Frankreich Napoleons ein Lied auf den „Turnvater Jahn“ (Erneuter Schwur, an den Jahn, von wegen des heiligen teutschen Reiches), das dann vielfach nachgedichtet und im Liederbuch der SS in der Zeit des Nationalsozialismus gleich nach dem Horst-Wessel-Lied stand. Als Melodie verwendete Schenkendorf die des französischen Liedes „Pour aller à la chasse, il faut être matinal“ („Frisch auf zum fröhlichen Jagen“).

Auf auf zum fröhlichen Jagen (Hancke)

Dieses heute noch bekannte Jagdlied wurde erstmals 1723 als „Auf auf auf auf zum Jagen“ von Gottfried Benjamin Hancke ins Deutsche übertragen. Die „schmissige“ Melodie ist vielfach mit neuen Texten versehen worden, so z. B. 1742 von Christian Friedrich Henrici (genannt Picander) und Johann Sebastian Bach in der Bauernkantate (Mer hahn en neue Oberkeet, Aria 16 „Es nehme zehntausend Dukaten…“) und in den Befreiungskriegen um 1813 von Friedrich de la Motte Fouqué, der die erste Zeile in „Frisch auf zum fröhlichen Jagen“ änderte. Bis zum Ersten Weltkrieg wurde vor allem diese militärische Fassung vielfach gedruckt.

Goethes „Bundeslied“ von 1775 wurde – neben späteren Vertonungen – auch auf diese Melodie gesungen, eventuell schrieb Goethe den Text bereits auf „Pour aller à la chasse“? Besonders populär wurden die Neutextungen durch Max von Schenkendorf  „Erhebt euch von der Erde“ (1813) und „Wenn alle untreu werden“ (1814) aus den Befreiungskriegen.

Abweichungen im Text

Die erste Strophe lautete bei Schenkendorf wohl ursprünglich: Wenn alle untreu werden / so bleib ich euch doch treu / dass immer noch auf Erden / für Euch ein Fähnlein sei..

Anmerkungen zu "Wenn alle untreu werden"

Das Gedicht war überschrieben mit: „Erneuter Schwur an Jahn (Friedrich Ludwig Jahn) von wegen des heiligen deutschen Reiches“. Erneuter Schwur, weil Max von Schenkendorf bereits ein Jahr zuvor auf die gleiche Melodie „Erhebt euch von der Erde“ getextet hatte. –

Die beiden Anfangszeilen von „Wenn alle untreu werden“ lehnen sich an das geistliche Lied von Novalis an: „Wenn alle untreu werden, so bleib ich dir doch treu, dass Dankbarkeit auf Erden nicht ausgestorben sei“ .“ Und aus „Einst schauen meine Brüder auch wieder himmelwärts“ wurde bei Schenkendorf  „Einst wird es wieder helle in aller Brüder Sinn“. Schenkendorf macht also aus der Liebe Novalis‘ zu Jesus die Liebe zu Deutschland, die Nation wird Gott gleich gestellt.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Lied als „Treuelied“ von der SS (Schutzstaffel) verwendet. Im SS-Liederbuch war es nach dem Deutschlandlied und dem Horst-Wessel-Lied […] exponiert an dritter Stelle aufgeführt. Die Fassung im SS-Liederbuch entspricht weitgehend dem Text Schenkendorfs, wobei die dritte Strophe entfiel. In der Bundesrepublik Deutschland wurde das Lied von der Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS (HIAG) intern und öffentlich weitergenutzt. Mit dem Lied wurde in der NS-Zeit jedoch auch Widerstand gegen das Regime zum Ausdruck gebracht. So berichtet Heinrich Böll in seinen Lebenserinnerungen, dass er „Wenn alle untreu werden“ mit einem Freund aus Widerstand gegen das von der Hitlerjugend gesungene Horst-Wessel-Lied anstimmte – und deswegen Schwierigkeiten bekam. (Mehr auf Wikipedia)

"Wenn alle untreu werden" in diesen Liederbüchern

u.a. in: Allgemeines Deutsches Kommersbuch (1858) – Feuerwerker-Liederbuch (1883) — Deutsches Armee LiederbuchDeutsch-Österreichisches Studentenliederbuch (1888) – Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895) — Liederbuch Postverband (1898) — Albvereins-Liederbuch (ca. 1900) — Liederbuch für die deutsche Turnerschaft (1910) —   Liederbuch des jungdeutschen Ordens (ca. 1921) — Volker (1925) —  Weltkriegs-Liedersammlung (1926) — SA-Liederbuch (1933, Melodie: Täglichsbeck ) — Der wandernde Geselle (1933) — Die weiße Trommel (1934) —  — St. Georg Liederbuch deutscher Jugend (1935) —