Seht den Himmel wie heiter (Mailied)

Seht den Himmel wie heiter
Laub und Blumen und Kräuter
schmücken Felder und Hain
Balsam atmen die Weste
und im schattigen Neste
girren brütende Vögelein

Über grünliche Kiesel
rollte der Quelle Geriesel
purpurblinkenden Schaum
Und die Nachtigall flötet
und vom Abend gerötet
wiegt sich spiegelnd der Blütenbaum

Kommt, Gespielen und springet
wie die Nachtigall singet
denn sie singet zum Tanz
O, geschwinder, geschwinder
rundherum wie die Kinder
Ringel Ringelein Rosenkranz

Alles tanzet vor Freude
Dort das Reh in der Heide
Hier das Lämmchen im Tal
Vögel hier im Gebüsche
Dort im Teiche die Fische
Tausend Mücken im Sonnenstrahl

Ha wie pocht´s mir so bange
Ha wie glüht mir die Wange
Mädchen bin ich nicht schön
Hüpf ich doch wie ein Kreisel
Daß mir unterm Gesäusel
Meines Kranzes die Locken wehn

Frei und ohne Gesetze
Hüpf ich noch um die Netze
Die uns Amor gestellt
All sein schmeichelndes Bübeln
All sein Kosen und Liebeln
Hat noch nimmer mein Herz beschnellt

Traun der seligen Triebe
Wenn ein Mädchen vor Liebe
Und Empfindsamkeit stirbt
Nach dem Monde nur blicket
Nur Vergißmeinnicht pflücket
Und mit nächtlichen Heimchen zirpt

Text: Johann Heinrich Voß  (1782)
Musik: J. A. P. Schulz (1782)

Liederthema:
Liederzeit: vor 1782 : Zeitraum:
Schlagwort:

Anmerkungen zu "Seht den Himmel wie heiter (Mailied)"

Zuerst im Voss Musenalmanach 1782 mit Notenbeilage. Dann in „Lieder im Volkston„, von J. A. Peter Schultz“, 1 Th Berlin 1782 S 7. Die letzten 3 Strophen findet man in spätern Liederbüchern weggelassen. Sie sind auch nicht jungfräulich und nicht volkstümlich darum sie wegbleiben können. (Böhme, Volkstümliche Lieder, 1895)

"Seht den Himmel wie heiter (Mailied)" in diesen Liederbüchern

in: zuerst im Voßschen Musenalmanach für 1782 —  Die Volkslieder der Deutschen (1836) — Als der Großvater die Großmutter nahm (1885 , Mailied eines Mädchens) – Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895)