O Berlin ich muss dich lassen (Abschied von Berlin)

Start » Abschiedslieder »

O Berlin ich muss dich lassen (Abschied von Berlin)

O Berlin, ich muss dich lassen
o du wunderschöne Stadt
und darinnen muß ich lassen
meinen auserwählten Schatz

Schönster Schatz, du tust mich kränken
Tausendmal in einer Stund
Wenn ich nur das Glück könnt lenken
Dir zu küssen deinen Mund

Ich bin zwar noch jung von Jahren
Und das Reisen mir gefällt
Etwas Neues zu erfahren
Wie es zugeht in der Welt

O ihr Wolken, gebet Wasser
Daß ich weinen kann genug
Meine Aeugelein sind nasser
Nasser als der Donaufluß.

Liebster Schatz, wenn du willst schreiben.
Schreibe mir ein Briefelein.
Daß du mir getreu willst bleiben.
Drücke auch dein Herzchen ein

Text und Musik: Verfasser unbekannt (1750-1800)
in: Deutscher Liederhort I (1856, Nr. 165) und Liederhort III (1894, Nr. 1599 „Abschied von Berlin“)
Mündlich aus dem Brandenburgischen (Berlin, Wilsnack. Oderberg), Hessen-Darmstädtischen (Neunkirchen im Odenwald), aus Schlesien, Baden etc. Mit Benutzung von fliegenden Blättern aus der Zeit von 1750—1800. —
Die älteste Lesart von 1750 besingt den Abschied von Nürnberg (s. Nr. 1598).

Anmerkungen zu "O Berlin ich muss dich lassen (Abschied von Berlin)"

Derselbe Text nach einem fliegenden Blatt bei Büsching und Hagen 1807, S. 86, daher Erlach 3, 105 und Erk II. 6, 22,, aber mit zwei fremden Strophen, die Erk ausgeschoben. aber noch vielfach vorkommen: nämlich vor 4. Strophe:

Wir haben oft beisammen gesessen
manche schöne halbe Nacht,
manchen Schlaf hab´n wir vergessen
und die Zeit so zugebracht

Schluß:
Jetzt spann ich mein zwei Pistolen
tu vor Freuden zwei, drei Schuß
meim Feinsliebchen zu Gefallen
weil ich von ihr scheiden muß“

Mit dieser Lesart bei Büsching stimmt auch die schlesische bei Hoffmann Nr.157. —

"O Berlin ich muss dich lassen (Abschied von Berlin)" in diesen Liederbüchern

Noch in vielen Varianten ist das Lied vorhanden: Wunderhorn I. 289 (in. A. III. 233) „O Bremen, ich muß dich lassen“. Der Text ist Mischmasch. Goethe sagt dazu: „Handwerksburschenhaft genug, doch zu prosaisch“. — Erk I. S, 40: „Jetzt muß ich aus Kannstadt reisen“.— Simrock, Nr. 150: „Straßburg, Straßburg muß ich lassen“. — Anderer Text gleichen Anfangs Tobler I. S. 133. Kretzschmer I. Nr. 248: „Aus dem Karlsruh muß ich reisen“. — Aus Hessen bei Mittler Nr. 942 und 943: „Hombressen (Ach Kassel) dich muß ich lassen“. — Aus Westfalen, Reifferscheid S8: „Münster, dich muß ich verlassen“.— Aus Sachsen, A. Müller S. 45: „Elterlein, dich muß ich lassen“. — Dom
Harz, Pröhle 48: „Nun adieu, mein Tausendschönchen“ etc. (Mischling). Schade, Handwerkslieder 156
(Erks beide Texte) und fl. Bl. Scherer, Jungbrunnen Nr. 78 (wie der Liederhort.) — Vielfach mündlich:
Köln am Rhein (Elberfeld, Hamburg) o du schönes Städtchen!

Unser jüngeres Lied hat nicht selten Strophen aus anderen (viel älteren) Liedern in sich aufgenommen, und zwar aus: „Ach in Trauern muß ich leben“. — „Schatz, mein Schaß, warum so traurig“.— „Wer bekümmert sich drum, wenn
wandere“. — „Madchen (Jüngling), wenn ich dich erblicke“. —