Innsbruck ich muß dich lassen (Heidelberg)

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Innsbruck, ich muß dich lassen,
Ich fahr dahin mein Straßen
Ist wider meinen Dank
Der mir mein Buhln hat gnommen
Den halt ich nit für einen Frommen
Das Jahr ist mir zu lang

So fahr ich über die Heiden
Von meim Buhlen muß ich scheiden
Seh hinter mich zurück
Ich werf mich dick herumme
Bis ich wieder zu dir kumme
Und wünsch dir, Feinslieb, Glück!

Das Mägdlein sprach mit Schmerzen:
„O weh, o weh! meins Herzen
Dass ich dich muß fahren lan!
Hab ich in all mein Tagen
Kein Mensch nit lieber gehabet
Denn dich. Herzlieb allein

Der Knab der stund alleine:
„Feinslieb, du sollt nit weinen.
Sollt haben ein leichten Mut
Ich will dich nit aufgeben
Dieweil ich Hab das Leben.
Und hätt ich Kaisers Gut!“

„Damit scheid ich von dannen
Maria und St. Annen
wöllen mir behülflich sein
In allen meinen Dingen,
Dass sie mir nit mißlingen.
Gott b’hüt mir die schönste Kaiserin! “

Text: Verfasser unbekannt: Heidelberger Handschrift 343 Bl. 107d — Görres 123 —  Uhland 69B
Musik: Innsbruck ich muß dich lassen
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 742b)

Liederthema:
Liederzeit: vor 1580 : Zeitraum:
Geschichte dieses Liedes:

Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen:

Zweite Melodie zu

Böhme schreibt im Liederhort (1897) über dieses Lied:

„Noch mehr Zuwachs nach Volksliederart bringt nachfolgender Text.
Als Harmonist der Melodie ist Heinrich Isaak genannt. Dieser war vor 1492 Kapellmeister an der Johanniskirche zu Florenz, Lehrer des Prinzen Lorenz von Medici und kaiserlicher Geschäftsträger an genanntem Hofe, später in Wien Kapellmeister des Kaisers Maximilian (gestorben 1519). Da Isaak in diesem Amte starb, so mag sein Todesjahr spätestens 1518 sein. Wahrscheinlich war Isaak selbst der wirkliche Komponist (nicht bloß der Harmonist) dieser schönen Abschiedsmelodie, mit welcher er ein unvergängliches Denkmal sich gesetzt hat. — Den Text für ein Handwerksburschenlied zu halten, ist grundlos: die höfische Sprache darin weist auf einen Hofe- oder Kunstdichter. — Es geht die Sage, Kaiser Maximilian, der so oft und gern in Innsbruck sich aufhielt, hätte selbst dies Abschiedslied gedichtet und sein Kapellmeister Isaak es komponiert. —

Das Lied mit seiner herrlichen Melodie stammt jedenfalls aus dem Ende des 15. Jahrhunderts und war schon 1505 so beliebt, dass auf seine Weise ein geistliches Lied gedichtet wurde. Dieses steht im Münchner cod. germ. 808 vom Jahr 1505 und sein Anfang lautet nach WK. II, 1020:

„Frolich so wil ich singen
Ich hoff mir sol gelingen.
So ichs will heben an:
Maria Wardt geboren
von Sandt Anna auserkoren
von Joachim der heilig Mann

Überschrift: Ein Liedlein von sanndt Anna und Joachim. In dem Ton:  Innsbruck ich muß dich lassen. —

Nach der Reformation wurde die Singweise zu mehreren geistlichen Dichtungen benutzt. Zunächst gabs eine geistliche Umdichtung von dem ev. Pfarrer J. Heß ( gestorben 1547 in Breslau), die lange beliebt war und zu Begräbnissen und Hinrichtungen vom Volke gesungen wurde:

O Welt ich muß dich lassen
ich fahr dahin mein Straßen
Ins ewig Vaterland
Mein Geist muß ich aufgeben
Dazu mein Leib und Leben
Setzen in Gottes gnädig Hand

Mit diesem Texte ging die Melodie in die ev. Kirchengesangbücher über. Später (im 17. Jahrh.) sang Paul Gerhard nach dieser Weise sein Abendlied: Nun ruhen alle Wälder. Unter diesem Namen lebt die Melodie noch jetzt, freilich ihres alten Rhythmus entkleidet, im evangel. Kirchengesang und werden hunderte von Liedern nach ihr gesungen.

Selbst in den katholischen Kirchengesang (s. Bäumker I, Nr, 407) fand sie Eingang und zwar in neueren Gesangbüchern zu dem Sakramentsliede:

O allerhöchste Speise
Auf dieser Lebensreise
Wahrhaftes Himmelsbrot
Tu uns den Hunger stillen
Mit deiner Gnad erfüllen,
Uns retten von dem Tod.

Ein Stück deutschen Lebens, deutscher Gefühlsinnigkeit muß dieser sanften ionischen Weise innewohnen, dass sie 5 Jahrhunderte durchlebte und immer noch als Choral gern gesungen wird. S. Bach soll sich dahin ausgesprochen haben: er wolle für diese einzige Melodie, wenn er sie erfunden hätte, sein bestes Werk hingeben. (Allgem. Kirchenzeitung 1836 S. 51). Ebenso soll Mozart sich geäußert haben (s. Tucher, Schatz des ev. Kirchengesanges 1840, S. I). —

"Innsbruck ich muß dich lassen (Heidelberg)" wird auf diese Melodie gesungen:

Melodie zu Innsbruck ich muß dich lassen (Heidelberg)

Anmerkungen zu "Innsbruck ich muß dich lassen (Heidelberg)"

  • Str. 1, 1 Statt „Isprugkh“ liest Görres „Zurück!“ Auch dieser Text, besonders der Schluß, erinnert an den höfischen Gesang (Böhme)