Es ritt ein Reiter wohl durch das Ried (1908)

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Es ritt ein Reiter wohl durch das Ried
er schwenkt sich um und sang sein Lied
ein Lied von dreierlei Stimmen
das drüben im Wald  tät klingen

„Schöne Jungfrau, wollt ihr mit mir gahn
ich will euch lehren, was ich kann
ein Lied von dreierlei Stimmen
das drüben im Wald  tät klingen“

Er nahm sie bei dem Gürtelschloß
und schwang sie hinter sich auf sein Roß
er ritt gar eilend und balde
zu einem stockfinsteren Walde

Er spreit sein Mantel ins grüne Gras
und bat sie, daß sie zu ihm saß:
„Schöne Jungfrau, du mußt mir lausen
mein gelb-kraus Härlein verzausen“

So manches Löcklein als sie zertat
so manche Träne  fiel ihr herab
Er schaute ihr unter die Augen:
„Feinsliebchen, was bist du so traurig?

Weinst du um deines Vaters Gut
oder weinst du um deinen stolzen Mut
oder weinst du um deinen Jungfernkranz?
Der ist zerbrochen und wird nicht ganz“

„Ich wein nicht um meines Vaters Gut
ich wein nicht um meinen stolzen Mut
ich weine ob jener Tannen
daran eilf Jungfräulein hangen“

„Weinst du ob jener Tannen
daran eilf Jungfräulein hangen
so sollst du bald die zwölfte sein
sollst hangen am höchsten Dölderlein“

„Ach Herre, liebster Herre mein,
erlaubt mir nur drei einzige Schrei,
dann will ich ja gern die zwölfte sein,
will hangen am höchsten Dölderlein“

Den ersten Schrei und den sie tut
den schreit sie ihrem Vater zu
„Ach liebster Vater komme balde
sonst muß ich hier sterben im Walde!“

Den zweiten Schrei und den sie tut
den schreit sie ihrer Mutter zu:
„Ach Mutter, komm behende
sonst nimmt mein Leben ein Ende“!

Den dritten Schrei und den sie tut
den schreit sie ihrem Bruder zu:
„Ach liebster Bruder, komme  balde
sonst muß ich hier sterben im Walde!“

Ihr Bruder war ein Jägersmann
der alle Tierlein schießen kann
er hört seine Schwester  schreien
er wollte sie befreien

Der Jäger hat ein zweischneidig Schwert
er stach es dem Reiter durch das Herz
er tät ein Wiedelein klenken
und tät den Reiter aufhenken

Er nahm sein Schwesterlein bei der Hand
er führte sie in ihr Vaterland
„Daheim sollst du hausen und bauen
einem Ritter sollst du nimmer trauen“
Text und Musik: Verfasser unbekannt  ,u.a. in  Scherers Jungbrunnen ,
Erste Melodie aus Oberhessen —
Zweite Melodie aus Lothringen
auch bei Erk Böhme , verkürzte und abgewandelte Versionen auch in: Zupfgeigenhansl (1908) — Verklingende Weisen (1926) — Württembergische Volkslieder (1929) – Es ritt ein Reiter wohl durch das Ried ist in vielen Fassungen überliefert.
siehe auch den Wikipedia-Artikel über Mädchenmörder im Volkslied

Liederthema: ,
Liederzeit: vor 1908 : Schlagwort:
Orte: ,
Geschichte dieses Liedes:

Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen:

Deutschsprachige Lieder vom Ulinger oder „Blaubart“ gibt es etwa seit dem 16. Jahrhundert. Wir erfahren aus diesen Liedern von einem Ritter, der mit seinem Gesange eine junge Frau anlockt, die dann von ihm getötet werden soll. Bereits elf Frauen hatte er betört und ermordet, aber die zwölfte kann sich wehren.  In anderen Varianten wird auch sie getötet, aber der Mord durch ihren Bruder gerächt. Auch in Kinderspielen finden sich noch Spuren dieser schrecklichen Geschichte.

Die älteste Fassung von einem unbekannten Dichter  stammt von einem Fliegenden Blatt : “Ein hübsch Lied  vom dem Ulinger” –  gedruckt zu Nürnberg durch Friderich Gutknecht , zwischen 1554 und 1580 –

Zu dem Lied gibt es vier Melodien , die erste Melodie aus Hessen-Darmstadt ( abgedruckt in Deutscher Liederhort , 1856) — die zweite Melodie aus Lothringen , um 1928 aufgezeichnet, die dritte Melodie aus Oberhessen , die vierte Melodie um 1812 aus der Gegend von Breslau .

Später meist unter dem Titel “Es ritt ein Reiter wohl durch das Ried ist der Stoff ist in zahlreichen Fassungen überliefert.  Es handelt von einer Gewalttat an einem jungen Mädchen, die durch ihren Bruder gerächt wird, Diese ging mehr oder freiwillig mit ihrem Mörder, einem Reiter, der sie durch ein Lied verführt. Siehe auch den Wikipedia-Artikel über Mädchenmörder im Volkslied