Es ritt ein Ritter wohl durch das Ried

Ritter und Königstochter

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Es ritt ein Ritter wohl durch das Ried

Es ritt ein Ritter wol durch das Ried
er fing es an ein neues Lied
gar schöne tät er singen
daß Berg und Tal erklingen

Das hört des Königs sein Töchterlein
in ihres Vaters Schlafkämmerlein
sie flocht ihr Härlein in Seiden
mit dem Ritter wollte sie reiten

Er nahm sie bei ihrem seidnen Schopf
und schwung sie hinter sich auf sein Roß
Sie ritten in einer klein Weile
wol vier und zwanzig Meilen

Und da sie zu dem Wald naus kamn
das Rößlein das will Futter han
Feins Liebchen hier wollen wir ruhen
das Rößlein das will Futter

Er spreit sein Mantel ins grüne Gras
er bat sie daß sie zu ihm saß
Feins Liebchen ihr müsset mir lausen
mein gelbkraus Härlein durchzausen

So manches Schauen und das sie thät
so manches Tröpflein fiel auf die Erd
Er schaut ihr wol unter die Augen
Warum weinet ihr schöne Jungfraue

Warum sollt ich nicht weinen und traurig sein
ich bin ja des Königs sein Töchterlein
hätt ich meinem Vater gefolget
Frau Kaiserin wär ich worden

Kaum hätt sie das Wörtlein ausgesagt
ihr Häuptlein auf der Erden lag
Jungfräulein hättst du geschwiegen
dein Häuptlein das wär dir geblieben

Er kriegt sie bei ihrem seidnen Schopf
und schlenkert sie hinter ein Hollerstock
Da liege feins Liebchen und faule
mein junges Herze muß trauren

Er nahm sein Rößlein bei dem Zaum
und band es an ein Wasserstrom
Hier steh mein Rößlein und trinke
mein jung frisch Herze muß sinken

Diese Fassung von  Es ritt ein Reiter wohl durch das Ried in: Friedrich Nicolai : Ein feiner kleiner Almanach , II Jahrgang, Berlin und Stettin , 1778 — Nach mündlicher Ueberlieferung berichtigt –
in: Des Knaben Wunderhorn I, 1805 —  Deutscher Liederhort (1856, Nr. 28 „Der Ritter und die Königstochter“) — St. Georg Liederbuch deutscher Jugend (1935) —

Liederthema: ,
Liederzeit: vor 1778 : Zeitraum:
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Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen:

Deutschsprachige Lieder vom Ulinger oder „Blaubart“ gibt es etwa seit dem 16. Jahrhundert. Wir erfahren aus diesen Liedern von einem Ritter, der mit seinem Gesange eine junge Frau anlockt, die dann von ihm getötet werden soll. Bereits elf Frauen hatte er betört und ermordet, aber die zwölfte kann sich wehren.  In anderen Varianten wird auch sie getötet, aber der Mord durch ihren Bruder gerächt. Auch in Kinderspielen finden sich noch Spuren dieser schrecklichen Geschichte.

Die älteste Fassung von einem unbekannten Dichter  stammt von einem Fliegenden Blatt : “Ein hübsch Lied  vom dem Ulinger” –  gedruckt zu Nürnberg durch Friderich Gutknecht , zwischen 1554 und 1580 –

Zu dem Lied gibt es vier Melodien , die erste Melodie aus Hessen-Darmstadt ( abgedruckt in Deutscher Liederhort , 1856) — die zweite Melodie aus Lothringen , um 1928 aufgezeichnet, die dritte Melodie aus Oberhessen , die vierte Melodie um 1812 aus der Gegend von Breslau .

Später meist unter dem Titel “Es ritt ein Reiter wohl durch das Ried ist der Stoff ist in zahlreichen Fassungen überliefert.  Es handelt von einer Gewalttat an einem jungen Mädchen, die durch ihren Bruder gerächt wird, Diese ging mehr oder freiwillig mit ihrem Mörder, einem Reiter, der sie durch ein Lied verführt. Siehe auch den Wikipedia-Artikel über Mädchenmörder im Volkslied