Die deutsche Flotte (1908)

E. Hölzel (in: Reden und Ansprachen bei Schulfeierlichkeiten)

Auf dem ersten Blatt steht die Geschichte der   deutschen Hansa, der Kaufleute vornehmlich in den Hafenstädten an der Nord- und Ostsee und der Händler jenseits der Meere in England und Holland, in Dänemark und Skandinavien, in Polen und Rußland, wo sie ihre Waren, die Erzeugnisse des Morgenlandes und des europäischen Südens, die gewerblichen und künstlerischen Erzeugnisse ihrer Heimat feilboten und die Waren der Fremde, Lebens- und Genußmittel, Rohstoffe für die geschickten Hände der Landsleute in der Heimat, einkauften.

Zum Schutze dieses Handels gegen Seeräuber und gegen Gewalttat der benachbarten und der fremden Fürsten schufen sie die erste deutsche Kriegsflotte und schlugen mit ihr die ersten siegreichen Schlachten zur See. Ihr ärgster Widersacher war der Dänenkönig Waldemar II. Ihn besiegten sie wiederholt zu Wasser und zu Lande, entscheidend, als er 1243 vor Lübeck, dem Vorort der Hansa, erschien, um mit seiner Flotte die Stadt auszuhungern. Trotz ihrer Minderzahl warfen sich die Lübecker auf die dänische Flotte im Hafen, und nach einem ruhmreichen Kampfe endete die Schlacht mit einer vollständigen Niederlage der Dänen. Fünf ihrer Schiffe wurden genommen und verbrannt, eine große Zahl in den Grund gebohrt, und nur ein schwacher Rest rettete sich durch klägliche Flucht. Eines der größten Dänenschiffe aber wurde mit 400 gefangenen Kriegern im Siegeszug nach Lübeck geführt.

Der Bund der deutschen Städte erweiterte sich nun von Jahr zu Jahr und zählte um 1300 schon 25 Glieder, die im einträchtigen Kampfe gegen Dänemark immer Sieger blieben. Den Höhepunkt ihrer Macht erlebte die Hansa aber erst, als ihr der gefährlichste Feind in Waldemar IV. von Dänemark erstand. Er verweigerte den deutschen Kaufleuten die Anerkennung ihrer großen Handelsvorrechte in seinem Lande, er legte auf den Heringsfang, den sie dort im Sommer mit 30 – 40 000 Menschen betrieben, hohe Steuern, und darüber kam´s zum Kriege. Diesmal im größten Maßstab und mit Aufgebot aller Kräfte: auf 52 Schiffen zogen gegen 3000 deutsche Krieger aus zum Streite; aber ihre Sorglosigkeit und Siegesgewißheit sollte ihnen verhängnisvoll werden. Waldemars heimlicher Handstreich auf die unbewachte deutsche Flotte gelang, die Hansa erlitt die erste Niederlage seit ihrem Bestehen, und sie war eine vollständige. Nur schwache Trümmer der stolzen deutschen Flotte kehrten nach Lübeck heim.

Die unternehmenden Deutschen waren geschlagen, aber nicht entmutigt. Sofort betrieben sie die Vorbereitungen zu einem neuen Kriege, und nach sechs Jahren sandten 27 Städte an Waldemar die Kriegserklärung. Zuerst erobern sie Norwegen, dessen König mit Waldemar verbündet war und nun demütig um Frieden bitten muß; dann wenden sie sich mit gleicher Wucht gegen Waldemars Hauptstadt Kopenhagen. Es wird erobert und der Erde gleichgemacht, die ganze Insel Seeland verwüstet und die dänische Flotte verbrannt. Waldemar muß einsehen, daß Dänemark verloren ist, wenn er nicht das Haupt vor dem stolzen Sieger beugt. Er bittet um Frieden und erhält ihn, aber um welchen Preis!

Der Friede von 1370 sicherte den Deutschen alle ihre Handelsvorteile, ihre Freiheiten und Rechte in Dänemark, und jede Königswahl bedurfte ihrer Zustimmung. Das waren Bedingungen, wie sie nie vor- oder nachher von bürgerlichen Leuten einem Könige vorgeschrieben worden sind. Ein Schatten freilich trübte den Sonnenschein hanseatischen Glücks; der deutsche Kaiser Karl IV. sprach für die größten Erfolge, welche Deutsche jemals zur See errungen hatten, über die Sieger die Reichsacht aus. Die  Hansa aber gewann trotzdem auf 100 Jahre hinaus ein so gewaltiges Ansehen, daß sie die unbestrittene Herrschaft auf den nördlichen Meeren, aber auch südwärts bis zu den mittelländischen Gestaden ausübte. Unter veränderten Zeitverhältnissen ging freilich allmählich ihre Größe zurück, und der große Dreißigjährige Krieg wurde auch ihr Grab.

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  • Ompteda (29. März 1863)

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    Georg Freiherr von Ompteda wurde am 29.03.1863 und starb am 10.12.1931. Er  wuchs in Wien und Dresden auf und wurde wie die meisten männliche Adeligen Offizier. Er besuchte 1888-91 die Kriegsakademie in Berlin, fiel vom Pferd und wurde zum Dienst untauglich. Nun wurde er Schriftsteller. (Projekt Gutenberg) ...