Ach sie naht, die Abschiedsstunde
die uns hier so schmerzlich trennt
noch einen Kuß von deinem Munde
der auf meinen Lippen brennt
Treue hab ich dir geschworen
Fluch treff mich und ewige Pein
Heil und Seligkeit verloren
wenn ich je vergesse dein
Sollst du je meineidig werden
so treff dich des Rächers Fluch
Dich verfolgt mein Dolch im Leben
und mein Geist im Leichentuch
Dich verfolg ich noch als Leiche
wenn du meiner je vergißt
und im Totenhemde schleiche
ich dir nach, auch wo du bist
Nimm zum Liebesunterpfande
dies mein dunkel Lockenhaar
mit dem schwarz-rot-goldnen Bande
das an meinem Busen war
Nimm sie hin, die dunkle Locke
Ewig, ewig, lieb ich dich
Horch, wie tönt so dumpf die Glocke
Lebe wohl und denk an mich
Lebe wohl, im Geiste küsse
ich, geliebtes Mädchen, dich
Lebe wohl, ein Engel müsse
dich begleiten, wo du bist
Text: Verfasser unbekannt
Handschriftliches Liederbuch eines Soldaten. Arnstadt. 1848 geschrieben
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 760, ohne Melodie)
nach Steinitz II
Anmerkungen zu "Ach sie naht die Abschiedsstunde (Sands Abschied)"
„Dieses verbreitete Lied wird in der Pfalz als „Sands Abschied von seiner Geliebten“ bezeichnet. Karl Ludwig Sand, der Mörder Kotzebues , soll es kurz vor seiner Hinrichtung gedichtet und mit dem Bande seiner Burschenschaft sowie einer Locke seines Haares an seine Geliebte nach Heidelberg gesandt haben. Das nämliche erzählt man sich auch in der badischen Pfalz, s. Marriago ,S. 152 und Bender, S. 204 und 305… Ein älteres Abschiedslied ist offenbar später auf Sand, dessen Andenken noch heute beim pfälzischen Volk lebendig ist (vgl. die Sand-Lieder im III. Bande), übertragen worden.“ ( Heeger – Wüst , Volkslieder aus der Rheinpfalz (1909, II S. 198), die das Lied aus 20 verschiedenen Pfälzer Orten belegen)
…„man erzähle in Handschuhsheim und Nüstenbach , Karl Ludwig Sand habe es auf dem Wege zum Schaffot geschrieben und an seine Geliebte, eine arme Näherin in Heidelberg , mit dem Verbindungsband seines Corps und einer Locke seines Haares gesandt.“ ( Marriage , Volkslieder aus der Badischen Pfalz (1902, S. 152)
„Das beliebteste Volkslied unter allen Revolutionsliedern war Sands Abschied „Ach sie naht die bange Stunde…“ In der wehmütigen Schlußstrophe sind die Worte, welche der Geliebte der Geliebten zuruft, politisch-motiviert: „Dieses dunkle, Lockenhaar, das mit schwarz-rot-goldnem Bande einst an meinem Busen war.“ (Bei J. Ph. Glock , Badischer Liederhort (1910, S. 36)
…„dessen Tat und Hinrichtung in Mannheim …noch lebendig war“ (A. Bender , Oberschefflenzer Volkslieder (1902, S. 203f.)
„John Meier hat in den Volksliedstudien (S. 191-213) die Geschichte dieses Liedes näher untersucht, wobei ihm 32 Versionen vorlagen, ein fliegendes Blatt der Zeit, zwei handschriftliche Liederbücher von 1827—1831 bzw. von 1839 und viele Fassungen aus den 40er Jahren.“
Alle Zitate in Steinitz II –
Vergleiche auch:
- Ach sie naht die bange Stunde Ach sie naht die bange Stunde die das Schicksal von uns trennt Ohne Kuß von deinem Munde Der nach meinen Lippen brennt Treue hab ich dir geschworen Fluch erwählt und ew´ge Pein Heil…
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