Zu Paris im Februario (Spottlied auf die Revolution 1848)

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Zu Paris im Februario
als König Ludwig Philipp floh
hatt ich´s Schaffen dick
schrie: vive la république!
schnürte meinen Ranzen
und ging nach Deutschland

Zur Karlsruh bei die Sturmpetition
verdient ich mir ein´ schönen Lohn
da betrank ich mir
in dem freien Bier
und erhielt von der schönen Frau Struwwel
einen Bruderkuß

Zu Frankfurt bei dem Vorparlament
bin ich mit die Republikaner gerennt
kam des Rothschilds Mohr
zauste mich am Ohr
und sprach: Es lebe die
konstitutionellige Monarchie

Zu Frankfurt in dem Essighaus
da lebte ich in Saus und Braus
Da schmollierte ich
mit Zitz und Metternich
und sprach: Seid meine Freunde
und zahlt meine Rechnung!

Zu Schleswig in dem Hollenstein
schoß mir ein Dän in Strumpf herein
doch ne schöne Hand
mir die Wund verband
war aber die emansibierische
Frau Lydia Aston

Im Schwarzwald bei dem Dossenbach
da gab es Flintenkrach
liefen all davon
von der deutschen Legion
nur der Herwegh nicht
denn der fuhr unter einem Spritzleder

Zu Heidelberg am Osterfest
da bin ich auch dabei gewest
doch mein Mordgewehr
nahm die Bürgerwehr
bekam´s aber vom Bürgermeister
samt einem Trinkgeld wieder

Zu Frankfurt in den Parlamentigen
konnt ich mich gar nicht bändigen
Auf der Galerie
brüllt ich wie ein Vieh
ward aber auf Befehl des Herrn von Gagern
hinausgefuhrwerkt

Zu Mainz am Rhein beim Bingner Loch ließ ich Hecker
leben hoch; kamen auf der Stell aus der Citadell Preußen und schrieben
mir dies in mein Wanderbuch.

Zu Anhalt in dem Köthischen
war ich in schweren Nötigen,
kam der Fürst und Herr
krampfhaft auf mich her
und sprach: Pumpen Sie mir um Gottes willen einen Silbergroschen!

Zu Berlin in der Lindenstraß
da schnitt ich eine wüste Grimass,
kam eine Reichskommissär
grad des Wegs daher
und behauptete nacher, „Gestalten“ gesehen zu haben.

Zu Hannover unter dem Stüve
bekam ich schwere Hiebe
denn mit einer Latern
sucht ich nah und fern
konnte aber die deutschen Grundrechte nirgends finden.

Zu Wien in dem Österreich
erlebt ich sonderbare Bräuch
packt ein Sereschan
mich beim Kragen an
zog sein Messer und sprach: Herr Aula, Sie muß sterben!

Zu Berlin, als General Wrangel kam
ich vom Hut die Feder nahm
allda ward mir´s klar
daß futsch die Freiheit war
schnürte drum meinen Ranzen und verzog mich geräuschlos über die Grenze

Zu Madras in dem Hindostan
kam ich vor einer Kneipe an,
ging hinein und schrie:
„Ist keiner von Böblingen hie?“
„Nein, aber von Ellwangen!“ rief ganz hinten ein alter Brahmine.

Zu Grönland bei die Eskimo
ward ich nicht meines Lebens froh
bot mir einer an
ein Glas Seehundstran
und sprach: Leben Sie gefälligst hoch, deutscher Reichsbürger

Vom Goldland zu Kalifornien
schied ich mit großen Zornigen,
grub da Tag und Nacht
hab’s doch zu nichts gebracht
weil ich an jedem Blaumontag eine halbe Million versoffen.

Zu St. Louis in Amerika
ich auch den großen Hecker sah
als er beim Frühstück saß
und grad die Zeitung las
daß sie in Frankfurt einen Erbkaiser gewählet hätten

Und jetzt nach diesem Leiden all
sitz ich am Niagarafall
und denke bei dem Schaum:
„O du schöner Traum
von der deutschen Einheit im Jahr acht und vierzig!“

Text: anonym . unterzeichnet im H.H.H. in Allgemeines Deutsches Kommersbuch (), Titel Was der Bruder Straubinger im Jahr des Heils 1848 für Schicksale gehabt hat.
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