Wohl hinter meines Vaters Hof

Wohl hinter meines Vaters Hof
da fleugt ein weiße Tauben
sie ist so manchem Falken entflogen
ein Eul hat mirs gesangen

Die Eul die mirs gefangen hat
die läßt mirs wiederum fliegen
gen Regensburg über die Mauren ein
zu meiner Allerliebsten

Und do sie ein gen Regensburg kam
fand sie Niemand darinnen
dann nur ein zarts Jungfräuelein
das sung von heller Stimme

So sing so sing Frau Nachtigall
wenn ander Waldvögelein schweigen
so will ich dir dein Gefieder aufpreisen
mit Gold und brauner Seiden

Ei mein Gefieder aufpreist du mir nit
ich kann mich selber wohl schwingen
ich bin ein kleins Waldvögelein
kein Mann soll mich nit zwingen

Bist du ein kleins Waldvögelein
so schwing dich von der Erden
daß dich der kühle Tau nit netz
kein Schnee kein Reis darneben

Und netzt mich denn der kühle Tau
so trücknet mich Frau Sonne
hab ich ein brauns Maidlein im Herzen hold
zu ihr kann ich nit kommen

Wenn der best Wein im alten Faß wär
darin müßt er ersauren
so wenn ein jungs Maidlein ein alten Mann
nimmt ihr junges Herz muß trauren

Und wenn die Linden das Laub verleurt
so trauren all die Äste
So bitt ich dich zarts Jungfräulein
halt du dein Kränzlein feste

Soll ich mein Kränzlein behalten fest
will es mir doch nimmer bleiben
viel lieber wollt ich mit eim jungen Knaben
mein Zeit und Weil vertreiben

Und wär der Apfel noch so rot
so findt man ein Würmlein drinnen
so welche Jungfräulein säuberlich sind
die können viel falscher sinnen

Gott behüt den Jungfrauen ihr Ehr
vor allen falschen Zungen
Hab ich ein brauns Maidlein im Herzen hold
zu ihr kann ich nit kummen

Und wer sind die das Liedlein sangen
so frei haben gesungen
Das haben getan zween Schreiber gut
ein alter und ein junger

Text und Musik: Verfasser unbekannt
auf die Melodie „Zwischem Berg und tiefem Tal

in Deutscher Liederhort (1856, Nr. 58c und Band I, 1983, Nr. 173 c ) – Vgl, Uhland I,51 (Um 1516)

Fliegendes Blatt Nürnberg durch Valentin Newber c 1550:E“in schönes Liedt… “ (Von 2 Liedern das erste) Abdruck Wunderhorn 4, 209 u Erk Liederhort S. 202 – Vergleiche zwei gleiche Strophen Uhland Nr. 17 Str. 9 u 10 „Achter mines vaders hof“  — Strophe 8 – 10 als besonderes Lied bei Fischart Geschichtsklitterung Cap 8 „Wann der best Wein ins faul Faß käm darin müßt er verfaulen“ etc (s.  Fischart’s Text abgedruckt Altdeutsches Liederbuch 160) —  Vergleiche auch Wdh III 165: „Schwarzbraun ist meine dunkle Farbe“

Zur Geschichte dieses Liedes:

Versionen, Parodien und Nachdichtungen: :

Das Lied vom kleinen wilden Vögelein ist als Teil eines längeren Liedes schon 1516 gedruckt: “ … so will ich dir dein Gefieder aufpreisen / mit Gold und brauner Seiden / Ei mein Gefieder aufpreist du mir nit / ich kann mich selber wohl schwingen / ich bin ein kleins Waldvögelein / kein Mann soll mich nit zwingen“ – und auch ... weiter lesen...

Liederthema: ,
Liederzeit vor 1516 - Zeitraum:
Stichwort: Nachtigall • Orte: ,
Geschichte dieses Liedes: ,


Anmerkungen:

Beim Singen wurden in jeder Strophe die beiden Schlußsilben der 3. Zeile wiederholt z B in Str 1 entflogn in Str 2. ja ein in Str 3. ja kein usw… siehe auch Es saß ein klein wild Vögelein

  • 4: Auspreisen aufbreisen, aufschnüren, putzen —
  • 11: Säuberlich, sauber, schön —

„Wenn der best Wein im alten Faß wär“ auch als eigenständiges Lied in Deutscher Liederhort (1893, Nr. 850a)


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