Singe wem Gesang gegeben

Singe, wem Gesang gegeben
in dem deutschen Dichterwald
Das ist Freude, das ist Leben
wenn´s von allen Zweigen schallt
Nicht an wenig stolze Namen
ist die Liederkunst gebannt
ausgestreuet ist der Samen
über alles deutsche Land

Deines vollen Herzens Triebe
gib sie keck im Klange frei
Säuselnd wandle deine Liebe
Donnernd uns dein Zorn vorbeil
Singst du nicht dein ganzes Leben
Sing‘ doch in der Jugend Drang
Nur im Blütenmond erheben
Nachtigallen ihren Sang

Kann man’s nicht in Bücher binden
Was die Stunden dir verleihn
Gib ein fliegend Blatt den Winden
Muntre Jugend hascht es ein
Fahret wohl, geheime Kunden
Nekromantik, Alchimie
Formel hält uns nicht gebunden
Unsre Kunst heißt Poesie

Heilig achten wir die Geister
Aber Namen sind uns Dunst
Würdig ehren wir die Meister
Aber frei ist uns die Kunst
Nicht in kalten Marmorsteinen
Nicht in Tempeln dumpf und tot;
In den frischen Eichenhainen
Webt und rauscht der deutsche Gott

Text: Ludwig Uhland (1813)
Musik: Christian Schulz (1820). Weitere Melodien von Felix Mendelssohn-Bartholdy, Friedrich Schneider

Zunächst sang man „Singe wem Gesang gegeben“ also auf die Melodie von Schulz, 1830 komponierte dann der Münchner Kapellmeister Jos. Hartmann Stuntz zu Försters Walhallalied „Helden laßt die Waffen ruhn“ ein Melodie, auf die 1838 „Auf ihr Brüder lasst uns wallen“ getextet wurde. Darauf sang man dann ab ca. 1858 auch „Singe wem Gesang gegeben“, diese Melodie stand ab 1858 auch im Kommersbuch als Singweise während die Melodie von Schulz wohl in Vergessenheit geriet.

Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen:

„Auf ihr Brüder lasst uns wallen“ ist ein vielfach nachgedichtetes und parodiertes Lied nach einem Text von Dr. Heinrich Weißmann (1808-1890), den er 1838 auf eine Melodie von Josef Hartmann Stuntz  (1793-1859) von 1830 schrieb. Später wurde auf diese Melodie auch das Lied „Singe wem Gesang gegeben“ von 1813 gesungen, das bis dahin eigentlich mit einer anderen Melodie gesungen worden war.

Anmerkungen zu "Singe wem Gesang gegeben"

Uhland schrieb den Text zur Eröffnung der Zeitschrift „Deutscher Dichterwald“, herausgegeben von Justinus Kerner, Uhland u. a. in Tübingen. Die vorletzte Strophe wurde nicht gesungen („Kann man’s nicht in Bücher binden“) .

Zur Melodie von Schulz schreibt Böhme: „Im Original haben die drei Noten unter * einen Punkt, darauf folgende Achtelnote; das ist für richtige Phrasierung und guten Textvortrag verfehlt. Die beiden Noten 2.1 hab ich umgestellt und zwei darauf folgende, unmotivierte Zweiunddreißigstel, welche den Melodiefluß stören, getilgt.“

"Singe wem Gesang gegeben" in diesen Liederbüchern

in: Allgemeines Deutsches Kommersbuch („Auf ihr Brüder lasst uns wallen“, also Stuntz) — Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895, Schulz) —  Albvereins-Liederbuch (ca. 1900, Stuntz ) — Der freie Turner (1913, dort auf die Melodie “ Auf ihr Brüder laßt uns wallen“ von Stuntz) – Wander-Liederbuch (1927) —