Sollte einem das Herz nicht bluten (Rabenmutter)

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Sollte ein’m das Herz nicht bluten
Wenn man höret die Geschicht
Wie in Hamburg eine Mutter
Ihrem Kind das Urteil spricht

Einst hatt‘ sie ein Kind geboren
Das jetzt sieben Jahr‘ alt war
Als den Mann sie hat verloren
Und nun eine Witwe war

Jetzt wollt‘ sie ein andrer haben,
Doch er sprach: »Wenn ’s Kind nicht wär‘!«
Und sie ließ dem Manne sagen:
»Dieses Kind lebt bald nicht mehr!«

Einmal tat sie es probieren,
Nahm das Kindlein bei der Hand
In den Keller tat sie’s führen
Und verriegelt‘ Schloß und Band

»So, hier sollst du fortan weilen
Bis du leidest deinen Tod!«
»Mutter, Mutter! Hab Erbarmen!
Gib mir doch ein Stückchen Brot!«

Lange mußt‘ sie ’s Kind ertragen,
Bis es fand den Tod so arg.
Und dem Manne ließ sie sagen,
Daß er mach‘ den Totensarg.

Und der Sarg war fix und fertig
Und die Träger standen da
Auch die Mutter gegenwärtig
Die nun auf ihr Kindlein sah

Und beim ersten Glockenschlage
Dreht das Kind sich einmal um.
Und beim zweiten Glockenschlage
Fing das Kind zu sprechen an

Du bist schuld an meinem Leiden
Du bist schuld an meinem Tod
Morgen willst du Hochzeit feiern
Ich verklage dich bei Gott

Morgen soll die Hochzeit sein
Die dich führen soll ins Glück
Doch die Glocken, die da läuten
Die beschließen dein Geschick

Und du trittst im Unschuldsschleier
In die dunkle Kirche ein
Doch die Männer, die dich führen
Werden Henkersknechte sein!

Und sie mußt am Galgen enden
Als die Sühne für die Tat
Zu der sie die falsche Liebe
Und Eitelkeit getrieben hat

Text und Musik: Verfasser unbekannt, um 1850

Diese Schauerballade hat ihren Ursprung in einer echten Moritat, die von Bänkelsängern auf Kirchweihen zu Bildtafeln gesungen worden ist. »Schreckliches Ende einer Mutter, welche ihr einziges Kind verhungern ließ. Geschehen im Jahre 1844« (Staatsbibliothek Berlin). Die vorliegenden Strophen sind in ihrer volkstümlich gewordenen Form viel sentimentaler als die ursprüngliche Moritat, in der die Glockenschläge die Hammerschläge sind, mit denen die entmenschte Mutter den Sarg zu. nagelt. Meist sind nur Bruchstücke von diesem Lied bekannt, das nach der Melodie »Wer das Scheiden hat erfunden« (Stenka Rasin) gesungen wird. (Stemmle, Traurig aber wahr, 1931)

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