Was woll wir aber (Schlacht bei Pavia)

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Was woll wir aber (Schlacht bei Pavia)

Was wöll wir aber heben an,
Ein neues Lied zu singen
Wohl von dem König aus Frankreich
Mailand das wollt er zwingen;
Das geschach da man zählt tausend fünfhundert Jahr
Im fünfundzwanzigsten ists geschehen;
Er zog daher mit Heereskraft,
Hat mancher Landsknecht gsehen.

Er zog für ein Stadt, heißt Mailand
Dieselbig tät er zwingen
Dernach für ein Stadt, die heißt Pavia
Er meint, er wollt es gewinnen
Darin lag mancher Landsknecht frisch
Das hält der König verschworen
Er sprach, sie sollten die Stadt aufgeb’n
Sie war sunst schon verloren

Wir hörten kürzlich einen Rat
Einer fragt den andern
Nun zeugt der König nimmer ab
Darnach steht sein Verlangen
Nennt sich einer mit Namen Graf Eitelfritz
Die Stadt wollt er nicht aufgeben
Wir bauen zwei Bollwerk, die sein fest
Es kost‘ recht Leib und Leben

Sie sein mit mancher Hand gemacht
Zwei Bollwerk wohl erbauen
Wir liegen die winterlange Nacht
Zu Pavia auf der Mauren
Da wölln wir warten des kühlen Wein
Tut der König die Mauren zerbrechen –
Es kummt ein Fürst von Oesterreich
Den Schaden wird er rächen

Wir lagen die winterlange Nacht
vor Kält kunt‘ wir nicht bleiben
Wir kunnten nicht erwarten des kühlen Wei
Gar eilend tät wir schreiben
Und schrieben dem Fürsten aus Oesterreich
Er soll nicht ausbleiben
Soll bringen manchen Landsknecht frisch
Den König zu vertreiben.

Der Fürst hätt kürzlich einen Rat
Mit seinen Fürsten und Herren
Wie bald er nach Herr Jörgen schrieb
Der war ihm nicht zu ferre
Marx Sittich von Ems desselben gleich
Er ruft sie an in Treuen
Sie sollten ihm treulich beistahn
Den König zu vertreiben.

Sie wurden kürzlich Unterricht‘
Zu Innsbruck auf dem Tage
Wurd manches Fähnlein aufgericht
Im deutschen Land hört mans sagen
Darunter zug mancher Landsknecht frisch
Tät in feinem Harnisch herklingen
Wir zugen all gen Mailand hin:
Gott wöll, daß uns gelingen!

Alsbald der König das vernahm
tät er sich nit lang besinnen
Wie bald er die Stadt zum Sturm beschoß
Er meint er wollts gewinnen
Darvor verlor er viel manchen Mann
Das tät dem König zoren
Er sprach, sie sollen die Stadt aufgeben
Sie wär doch sunst verloren.

Der Sturm hat er fünf getan
Und hat sie all verloren
Da zog Herr Jörg, Marx Sittich v. Ems daher
Die zween Herren auserkoren
Legten sich vor Pavia in das Feld
Pavia tät sich das freuen
Der König mit Heereskraft davor
Man kehrt sich nit an sein Drauen!

Die Landsknecht machten ihr Ordnung fest
Ein Rat der wurd beschlossen
Ein „verlornen Haufen“ man machen soll
Ein Hauptmann ausgeschlossen.
Hauptmann Edel ist er genannt
Man ruft ihn mit den Treuen
Nimm den verlornen Haufen zu Hand
Laß dich dein Leben nit reuen!

An Sant Mattheys‘ Tag, da der Tag herbrach
Da fing wir an zu ziehen
Ich weiß, wie den Schweitzern die Sach gefiel
Sie begunten gar bald zu fliehen
Da zugen wir in Tiergarten hinein
Darnach stund unser Verlangen
Sie hießen uns alle willkommen sein
Aus Karthaunen und mit Schlangen

Valtein Kopp war auch dabei
Mit manchen guten Schützen
Darzu mancher frommer Landsknecht
Nach Ehren tät ers nutzen
Das Handgeschütz hätt er gar bei ihm
Mit sammt zweien Knechten
Schießt drein, schießr drein, ihr frumme Landsknecht,
Gar ritterlich wöll wir fechten!

Herr Jörg schrie Valtein Koppen an
Soll ihm das Gschütz herbringen
Velte Kopp tät wie ein ehrlich Mann
Und sich nit lang besinnen
Er führt daher mit ganzer Macht,
Ganz wohl tät er sich rüsten;
Wie schussen all „zu halben Mann“,
Ward den Franzosen verdrießen

Herr Jörg, ein edler Ritter fest
Stond da mit seiner Hellebarden
Er sprach: es kummen uns fremde Gäst
Derselben wöll wir warten
Gegen ihm zog der Langmantel daher
Herr Jörg, versöch dich eben
Du mußt hie mein Gefangner sein
Ob du willt fristen dein Leben!

Herr Jörg: Muß ich dein Gefangner sein
Oder kost es mich mein Leben
So habe ich getrunken des kühlen Wein
Mein Leib will ich dir nicht aufgeben
Ich Hab so manchen Landsknecht frisch
Stehn da in ihren halben Hosen:
Stecht drein, stecht drein, ihr frummen Landsknecht
Das sind die rechten Franzosen!‘

Marx Sittich von Ems griffs zum Ersten an
Mit seinen frummen Landsknecht
Wann er stund selber vornen dran
Gar ritterlich tät er fechten
Die Schlacht die währt eine kleine Weil
Da ward sie schon verloren
Wurd‘ mancher Franzos zu Tode geschlagen.
Mancher Kürasser auserkoren.

Ein Graf genannt aus deutschem Land
Mit Namen von der Salinen,
Er griff den König selber an
Die Landsknecht warn zerspalten
Der Vicereg desselben gleich
Manch Speer wurd‘ in der Mitr‘ zerspalten
Da stach mir (wir) alle mir Freuden drein.
Der lieb Gott soll sein walten.

Die Schlacht wahrt anderthalbe Stund
Da war sie schon vergangen
Wurd‘ mancher Schweizer zu Tod geschlagen
Manicher wurd‘ gefangen
Die Landsknecht blieben dahinten stahn
Als viel mich will bedunken
Die Summ‘ man nit erzählen kann
Die im Wasser sein ertrunken.

Schweizer, du sch . . . ßt mir ein Dreck auf d‘ Nas
Und fünfzehn in Knebelbarte
Ich mein, wir haben dich baar bezahlt
Zu Pavia im Tiergarten.
Du spnchst : ich berühme mich eigner und Schand
Das ist wahrlich erlogen
Du hast dem Franzos verloren Land Leut
Bist schändlich von ihm geflohen

Du hast geschrieben in deutsche Land
Wie du die Schlacht habest gewunnen
Du habest uns von unserm Gschütz gejagt
Wären schändlich darvon entrunnen;
Das wöll Gott heut noch nimmer.
Kein Landsknecht ist geflohen
Das dein hast du dahinten g’lan,
Da wir zusammen zogen.

Also habt ihr vemummen wohl
wie es den Schweizern ist ergangen
Sie hätten geschworen einen Eid,
Sie nahmen unser keinen gefangen
sie ruften Maria Gotts Mutter an
Dass wir ihr täten bewarten
Ich mein: wir haben sie bar bezahlt
Zu Pavia im Thiergarten.

Der uns das Liedlein neuwes sang,
Von neuem hat gesungen
Daß hatt getan ein Landsknecht gut
Den Reihen hat er gesprungen
wann er ist auf der Kirchweih gewest
Der Pfeffer ward versalzen
Man richt ihn mit langen Spießen an
Mit Hellebarden g’schmalzen.

Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 270, mit Anmerkungen)

„Der erste italienische Krieg zwischen Carl V. und Franz I. endet mit der Niederlage und Gefangennehmung des französischen Heeres unter den Mauern der von ihm belagerten festen Stadt Pavia am 24. Februar 1525. Ausführlichen Bericht über diese Schlacht gibt Jörg v. Frundsberg. (Vergl. denselben „aus dem Archiv zu Innsbruck“ in Mone, Anz. VI, 17 ff.)“

Liederthema:
Liederzeit: vor 1525 : Zeitraum:
Orte: ,

Anmerkungen zu "Was woll wir aber (Schlacht bei Pavia)"

Zum Inhalt:

  • 3, 5 Eitelfriß — Graf Friedrich von Hohenzollern lag mit 12 Fähnlein Landsknechten in Pavia.
  • 6, 3 Jörg von Frundsberg.
  • 9, 8 Treuen im Original = Dreuen, Drohen
  • 10,3 Ein „verlorner Haufe“, auch Läufer genannt, die für den ersten Angriff bestimmte Schaar (frz. enfants perdus) im Gegensatz zu dem im Haupttreffen stehenden „Gewalthaufen“
  • 11, I Mattheis Tag, Matthias, im Kalender 25. Februar.
  • 11, 4 Tiergartcn ist ein dicht an der Stadt Pavia liegender, von einer Mauer umgebener Wildpark, der Hauptschauplatz des Kampfes.
  • 13, 7 Wir richteten unser Geschütz auf halbe Mannshöhe
  • 14, 5 Georg Langmantel, Patrizier aus Augsburg, Hauptmann einer Schaar deutscher Landsknechte auf französischer Seite — der Schwarzen, bande noir, forderte Frundsberg zum Einzelkampf heraus, wurde jedoch von dessen Leuten niedergehauen
  • 22, 6 Der Pfeffer, ein gewürztes Fleischgericht.

Zum Text des Liedes:

„Text nach einem fl. Bl. mit Holzschnitt: ein Landsknecht mit Schwert und Lanze: „Ein schönes lied von der schlacht vor Pavia geschehe, Gedicht zu erstlich gesungen (durch Hansen v. Wurtzburg) in einem newen thon.“ (Abdruck bei Soltau, histor. Lieder, Nr. 49; R. v. Liliencron, histor. VL., Nr. 372; Altd. Ldb„ Nr. 389 ; Goedeke-Titttmann. Liederb.. S. 283 ff.) —“

Zur Melodie

„Die Melodie zum achtzeiligen Pavierliede ist uns erhalten in dem Choral „Durch Adams Fall ist ganz verderbt“, wie ich zuerst aufgefunden und im Altd. Ldb. 389 hinlänglich bewiesen habe. Denn in einem Druck dieses geistlichen Liedes von 1530 heißts; „Eyn Lyed, von Adams fal. In einem neuwen thon, den man singt von der Schlacht vor Pavia“ (s. Weller, Annalen II, 204. Nr. 426). Das Lied von Adams Fall ist von Lazarus Spengler gedichtet und steht schon 1524 in Walther’s Gesangbuch Nr. 16 und 17 mit zwei Singweisen: einer aeolischen und einer phrygischen Melodie, die sich nicht erhalten, weil sie nicht volksthümlich sind.

1535 in Klug’s Gsb. finden wir das Lied zum erstenmal mit der oben mitgeteilten Melodie, die sich allgemein verbreitete und in Choralbüchern bis zur Gegenwart erhalten blieb. Sie ist eben der Pavierton. Ich teile die Notation aus Schumanns Gsgb. 1539 mit, die sich von der in Babst’s Gsb. 1545 nur in einer Note unterscheidet. Meiner Feststellung haben auch andere Fachmänner wie v. Liliencron (Leben im Volksliede S. 31) und Bäumker (II, S. 257) beigestimmt. Die Melodie war im 16. Jahrh. viel gesungen, und nicht nur zum beliebten Pavierliede, sondern auch zu anderen historischen Liedern.“