O sagt mir an Frau Mutter lieb (Lohengrin)

O sagt mir an, Frau Mutter lieb
wo treff ich denn den Vater mein?
„Laß ab,mein Sohn, du schaffst mir Leid
weiß nicht, wo ist der Vater dein

„Wo ist denn wohl sein Heimatland?
Sagt an, daß ich ihn suchen kann!«
»Sein Heimat ist mir unbekannt
weiß nicht, wohin er sich gewandt.«

»Wie kam er dann hier in das Land?
Frau Mutter lieb, macht mir bekannt,
Damit ich kenn den Vater mein,
Damit ich sein mag kundig sein.«

»Ich stand am Fenster im Gemach
und weinte meinem Vater nach
da schwamm ein Schifflein auf dem Rhein
Ein stolzer Ritter stand darein.

Der lenkte an der Hand den Schwan,
ein gülden Kettlein glänzte dran
der Schwan, der schwamm dem Ufer zu
der Ritter grüßt die Fenster herauf

Der Ritter trug ein gülden Schwert
das war die halbe Grafschaft wert
ein Hörnlein von rotem Gold
das hing von seinem Nacken ab.

Am Finger glänzte ihm ein Ring
der über alle Kleinod ging
der Ritter führt ein blanken Schild
sechs Königsstäbe drauf gebild’t.«

»O Mutter, das ist seltne Mär
Kannst du mir sagen gar nichts mehr?«
»Ich kann dir sagen nur noch eins
das macht, daß ich jetzt immer wein

Dem Vater ich geloben sollt
daß ich ihn nicht erfragen wollt
von wo er zu mir kommen ist
doch trug ich ihn zu jener Frist.

Die Frag hat ihn getrieben fort
doch dachte er der Kinder noch;
er ließ dir Schild, er ließ dir Schwert
sein ganzes Erb ist dir beschert.

Dem Bruder, dem gab er das Horn
der Gau zu Cleve ist ihm erkorn
dem jüngsten Bruder ward der Ring
das Land von Hessen er empfing.

Mir aber ließ der Ehgemahl
nichts sonst zurück als Leid und Qual
Wer einmal ihn geliebt so sehr
der kann ihn nie vergessen mehr.«

Text und Musik: Verfasser unbekannt
Volkslied aus dem Rheinland. Ursprung: die Lohengrin-Sage ?
in: Deutsche Volkslieder mit ihren Original-Weisen I (1838)

Zweite Melodie zu "O sagt mir an Frau Mutter lieb (Lohengrin)"

Zweite Melodie zu O sagt mir an Frau Mutter lieb (Lohengrin)
Die Melodie in Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895)

Anmerkungen zu "O sagt mir an Frau Mutter lieb (Lohengrin)"

„Wir teilen obiges Lied nicht ohne einiges Mißtrauen mit. Der Inhalt ist aus Sagen, Volksbüchern und aus größeren älteren Gedichten bekannt… Obiges Lieb daß Herr v Zuccalmaglio als ein wie oben bemerkt noch gangbares Volkslied mitteilt ist wenigstens sicherlich überarbeitet …. “
( in: Versuch einer geschichtlichen Charakteristik der Volkslieder germanischer Nationen, von Thérèse Albertine L. Robinson, 1840)

„Dieses Lied sandte W. v. Zuccalmaglio an Freiherrn v. Erlach 1835 und steht es zuerst gedruckt in Erlachs Volksliedern 4, 599, 1835. Dann brachte er es mit Melodie in Kretzschmers Volksliedern I Nr 48. An Erlach gab’s die Versicherung, wird am Bergischen Rheinufer und im Klevischen, doch nur noch selten gesungen. Eine handschriftliche Notiz von ihm bemerkt: In Odenthal um 1830 niedergeschrieben. Aus der Sprache des Textes erkennt man aber keinesfalls Volksdichtung, sondern Kunstprodukt. Auch hat bis jetzt kein anderer Sammler eine Spur dieser Ballade im Volksmund gefunden.

Meines Erachtens ist der Text ohne Zweifel auf Grund der Lohengrinsage durch Z. gedichtet. Trotzdem fand das in seinem Ursprunge zweifelhafte Lohengrinlied, als Volksdichtung gläubige Aufnahme nicht nur bei Erlach und bei Kretzschmer, sondern auch bei Simrock (Rheinsagen II 107 , Talvi 418,  Menzel 478). Die dazugesetzte Melodie hat der musikalische Dichter wahrscheinlich selbst erfunden, wie so manche andere. Dieselbe hat er mit kleiner Abänderung noch ein zweitesmal verwendet nämlich zum Sagenlied: „O Königin lieb Mutter mein“ ( das jedenfalls auch von Z. gedichtet ist“ (Böhme, Volkstümliche Lieder der Deutschen, 1895)