Ich will mich umschauen nach Tint und Papier

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Ich will mich umschauen nach Tint und Papier

Ich will mich umschauen
nach Tint und Papier
meinem Schätzchen zu schreiben
den Abschied an die Tür
Wohl ane die Türe
wohl ane das Haus
Ach Herzchen schönstes Schätzchen
unsre Freundschaft ist aus

Ich weiß nicht wie ichs mache
dass ich sie aufwecken tu
wie soll ichs anfangen
sie liegt schon in der Ruh
Ich trat wohl an ihr Fenster
klopfte an mit meinem Ring
Ach Herzchen schönstes Schätzchen
wen hast du bei dir drin

Das Mädchen tät erschrecken
aus dem Bette sprang sie raus
tät das Röcklein überwerfen
zum Fenster schaut sie naus
Scher dich weg von meinem Fenster
scher dich weg von meiner Tür
sonst greif ich nach den Waffen
und schlage nach dir

Du hast mir versprochen
die Treue so fest
du hast sie gebrochen
geh hin wo du gewest
Die Tränen von den Augen
die Tröpflein von den Wangn
wir zwei verliebte Herzen
kommen nimmermehr zusammn

Text und Musik: Verfasser unbekannt
Vielfach mündlich überliefert, siehe auch die weitere Fassungen unten
Deutscher Liederhort I (1856, Nr. 122a, b) und Liederhort II (1893, Nr. 685a, b „Schwere Trennung“)

Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen:

Zweite Melodie zu "Ich will mich umschauen nach Tint und Papier"

Zweite Melodie zu Ich will mich umschauen nach Tint und Papier
aus Schlesien (Neukirch bei Goldberg)

Dritte Melodie zu "Ich will mich umschauen nach Tint und Papier"

Dritte Melodie zu Ich will mich umschauen nach Tint und Papier
die dritte Lesart in Deutscher Liederhort, Nr. 122b

Abweichungen im Text

Der Text ab der zweiten Strophe anders
(in Schlesische Volkslieder (1842, Nr. 159), so in Liederhort II (685a), Scherer Jungbrunnen Nr. 109 (aus Mittelfranken):

Er klopft an ganz leise mit seinem goldnen Ring: „Schatz
schläfst du oder wachst du, du allerschönstes Kind?“
Sie war ganz erschrocken, aus dem Bette sprang sie raus
Tät das Hemdchen überwerfen, zum Fenster schaut sie ’naus

„Geh weg von meinem Fenster, geh weg von meiner Tür!
Sonst greif ich meine Waffen und schlage nach dir
Du hast mir versprochen die Treue so fest.
Du hast sie gebrochen, geh hin wo du gewest!“

Da diese zwei Verliebte auseinander gegang’n.
Sind die Tränen von den Augen heruntergerannt
Die Tränen von den Augen, die Tröpflein von den Wangen —
Aber diese zwei Verliebte kommen nicht mehr zusamm’n.

Die schöne Schlußstrophe (bei Erk nur halb) lautet bei Scherer:

„Und als die zwei Verliebten haben Abschied genommen,
Da sind ihnen die Tränen in die Augen gekommen
Die Tränen in die Augen, die Tröpflein auf die Wang’n —
Wir zwei verliebte Herzen kommen nimmermehr zusamm’n!“

Dieselbe lautet dialektisch in Bayern (Schmeller’s Wörterbuch) so:

Und da‘ Hansl und Gredl haben Urlaub genumma
Nacha‘ san na die Zähar aus’n Augn gerunna
Und die Zähar aus’n Augn und die Thräna aufs Wang
Und da‘ Hansl und Gredl kema-r-a nimma zsamm

————-

Eine weitere Textfassung mit anderer Melodie aus Schlesien (Neukirch bei Goldberg)
bei Ludwig Erk: Volkslieder Band III, Heft I, Nr. 6, Liederhort I (Nr. 122b), Liederhort II (685b):

Ich will mich umschauen
Nach Tint und Papier
Meinem Schätzchen muß ich schreiben
Wohl an die Stubentür.

Wohl an die Türe,
Wohl ane das Haus:
Ach Schätzchen, liebstes Schätzchen
Unsre Freundschaft ist aus!

Ich ging wohl an das Fenster,
Klopfte an mit meinem Ring
Ach Schätzchen, liebstes Schätzchen,
Wen hast du bei dir drin?

Sie täte sehr erschrecken
Aus dem Bette sprang sie raus,
Tät ein Kittel überwerfen
Zum Fenster schaut sie raus

„Geh weg von meinem Fenster
Geh weg von meiner Tür!
Sonsten greif ich nach den Waffen
Und schlage nach dir.

Du hast mir versprochen
Die Treue so fest
Du hast sie gebrochen
Geh hin, wo du gewest!“

Und als die zwei Verliebten
Haben Abschied genomm’n
Da sind ihnen die Tränen
Von den Wangen geronn’n.

Die Tränlein von den Augen
Die Tränlein von den Wang n:
„Wir zwei verliebte Herzen
Kommen nimmermehr zusamm’n“

„Ei du, vergoldtes Hüttchen
Gib mir noch einen Glanz!
Unsre Liebe ist zerrissen
Wird nimmer mehr ganz.“

Text und zweite Melodie unten bei Erk III, 1. Nr. 6 und Liederhort Nr. 122b. Die 3. Melodie dazu in Erks Nachlaß. — Der Schlußstrophe ganz ähnlich ist die in Homburg 1852 und auch in Hildburghausen gesungene:

Ich Hab noch zwei Conventlein*
die geben keinen Glanz (Klang) :
Die Liebe ist zerrissen,
Sie wird nimmer wieder ganz.

* Conventlein = wohl Conventionstaler (Speziestaler), österreichische Münze nach der 1750 geschlossenen Übereinkunft.

Anmerkungen zu "Ich will mich umschauen nach Tint und Papier"

Melodien:

  • Erste Melodie aus Hessen-Darmstadt und Meiningen, Homburg, Schlesien
  • Zweite Melodie aus Neukirch bei Goldberg , Schlesien (Liederhort I 122b)
  • Dritte Melodie aus dem Brandenburgischen (1854, Erks Nachlaß)