Ein Jüngling hatte einen Schatz

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Ein Jüngling hatte einen Schatz

Ein Jüngling hatte einen Schatz
den sich sein Herz erkor.
Er wohnte am Louisenplatz
und sie am Hall´schen Tor

Sie trafen sich, von Lieb entbrannt
einst in nem Omnibus
Drei Tage drauf in Moabit
Da kam´s zum ersten Kuß

Allein die Sache stand sehr schief
denn bei der letzten Wahl
Ihr Vater wählte konservativ
der seine liberal

Bis endlich faßt das Pärchen Mut
gesteht´s den Vätern ein
Doch diese in Parteien-Wut
Sie schreien beide nein!

Und als sie las beim Morgenlicht
Die Tante Voß; o weh
Da stand im Polizeibericht
Man fand ihn in der Spree

Sie sah den Rabenvater an
mit einem Rabenblick
Zur Schwefelsäure griff sie dann
Und sank entseelt zurück

Und als des Mondes Licht so bleich
Am Himmel ging herauf
Da hängten sich am Goldfischteich
Die beiden Väter auf

Also die Moritat verlief
jüngst bei der letzten Wahl
Ihr Vater starb konservativ
der seine liberal

Text: Verfasser unbekannt , in Berlinisches Liederbuch , Sorau, 1891
Musik: auf die Melodie „Im Schwarzen Walfisch zu Askalon
in: Der Pott (1942 „Der politische Hintergrund“) —  Mutter der Mann mit dem Koks ist da (1977)

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Liederzeit: vor 1900 : Zeitraum:
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