Wer kanns verdenken mich

Brüder Lüderlich

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Wer kanns verdenken mich

Wer kanns verdenken mich
daß ich so lüderlich
Bin gekommen in Arrest
und muß sitzen also fest

Wer hat denn das getan?
Wer ist denn Schuld daran?
Niemand als der Bruder mein
Und die Schuld ist selber dein

Bei Würfel und Kartenspiel
Hat man mich funden viel.
Diesem allen sag ich ab
Bis an das kühle Grab

Man führt mich zum Tor hinaus
Galgen, du hohes Haus
Muß ich denn ganz allein
Bei dir logieren ein?

Hier liegt mein Mantelsack
Mein Pfeif und Rauchtabak
Wann du willst mein Bruder sein
Mußt meine Pfeife füllen ein

Mein Grab ist schon gebaut
Ich hab es angeschaut
Alle die bei mir stehn
Müssen mit zu Grabe gehn

Gute Nacht, ihr Jungfern all!
Bedauert meinen Fall,
Bedauert mich so sehr
Zu euch komm ich nimmermehr

Ich hör die Trommel schon
Sie führt ein’n traur’gen Ton
Man tut kaum zwei, drei Schuß
Mein Seel abscheiden muß.

Jetzt dank ich meinem Gott
Der mir geholfen hat
Und meinem Offizier
Der hat mich pardonniert.

Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort III (1894, Nr. 1733 „Bruder Lüderlich“)

Auffallend ist das verschiedenartige Ende des Verurteilten : in Hessen wird er enthauptet, in Schlesien erschossen, in Nassau begnadigt. (Böhme)

Liederthema: ,
Liederzeit: vor 1806 : Zeitraum:
Schlagwort:
Orte: , ,

Anmerkungen zu "Wer kanns verdenken mich"

Mündlich aus dem Nassauischen (Hennethal) durch Herrn. E. Wolfram 1880. Dazu gibt’s noch zwei sehr abweichende Lesarten A) aus Schlesien: bei Hoffmann, Nr. 250 „Wer kann bedauern mich“, B) aus Hessen: Mittler Nr. 1434. Hoffmann fand einen ähnlichen Text in einem geschriebenen Soldatenliederbuch vom Jahre 1828. Das Lied ist schon um 1806 nachweisbar; die Fassung hier ist der ältesten am ähnlichsten. Vergl. auch: Simrock Nr. 308. Erk II, 6, 52 (aus Hessen-Darmstadt). Mündel Nr. 163