Nur noch einmal in meinem ganzen Leben (Elternliebe)

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Nur noch einmal in meinem ganzen Leben (Elternliebe)

Nur noch einmal in meinem ganzen Leben
möcht ich meine Eltern wiedersehn
Was würd ich nicht dafür alles geben
O könnte dies noch einmal geschehn
Ich würde sie sodann mit holden Blicken
und mit wahrhaft kindlichem Vertraun
Sie fest an meinen heißen Busen drücken
Und wonnevoll wohl in ihr Antlitz schaun

Doch das Schicksal hat sie mir entrissen
Die einst mein Freud´, mein Glück, mein Alles war´n
Sie, für die jetzt meine Tränen fließen,
sie werden fließen noch in späteren Jahr´n
O Mutter, die mich einst in Schmerz geboren
ich weiß gewiß, du liebtest mich recht sehr:
Nun habe ich auf ewig dich verloren
Und auch mein Vater lebt schon längst nicht mehr

Gedenk ich noch an jene frohe Stunden
Da ich vergnügt bei meinen Eltern saß,
Die Wonne, die ich damals hab empfunden,
als ich mein Stückchen Brot mit ihnen aß
Ich wusste nichts von Gram und Sorgen
Es war mein Herz nur immer freudevoll,
Ich war vergnügt am Abend wie am Morgen,
und so erging´s uns damals immer wohl.

Sie sorgten stets für mich und meine Brüder
Und zogen uns zu edlen Menschen auf
Auf Erden sehen wir sie ja nicht wieder
Der liebe Gott nahm sie zur Ruhe auf
Ewig werdet ihr nun bei ihm wohnen
sehet Gottes Güte, Allmacht an
Ewig, ewig wird euch belohnen
was ihr an euren Kindern Guts getan

O möchte der den hohen Wert erkennen
Dessen Eltern ihm recht lang am Leben
Wahrlich kann sich dieser glücklich nennen
Wenn er sich sieht von ihnen stets umgeben
Keine Liebe ist auf dieser Erden
So mächtig groß wie Elternlieb
Manche Mutter trüg‘ gern die Beschwerden
Wenn nur ihr Kind am Leben blieb

O Kinder, die Ihr noch das Glück genießet
Dass Eure Eltern noch am Leben sind
Sucht dass Ihr Ihn’n das Leben recht versüßet
Und stets gehorcht wie jedes gute Kind.
Und bittet Gott, dass sie noch lange leben
Behandelt sie nur gut und liebevoll
Seid Kinder, Euren Eltern stets ergeben
Dann geht es Euch auf Erden immer wohl.

Text und Musik: Verfasser unbekannt
„Neues moralisches Lied am Rhein und Unterfranken sehr verbreitet. Mündlich gehört 1880 von Dienstmädchen und auf einem fliegenden Blatt (Vier neue Lieder) nach 1870 gefunden.  Auch in Thüringen (Apolda) von Leierkastenmännern um 1875 gehört. (Böhme, in „Volkstümliche Lieder der Deutschen“ (1895, Nr. 263)
Mit geringen Abweichungen im Text – vermutlich als Drehorgellied – zur Zeit des deutschen Kaiserreichs verbreitet.

u.a. in: Aus dem Notizbuch von Oscar Schach, kgl. sächs. Inf.Reg.Nr.106, 4.Comp., z.Z. Garnison Chemnitz. Gedient 1873-1876. Als DVA A 109163 in der Soldatenlieder-Sammlung (1914-1918) — „Traurig aber wahr“ (1931, als Drehorgellied um 1900) — Wie´s klingt und singt (1936)