Jetzt ist die Zeit und Stunde da

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Jetzt ist die Zeit und Stunde da

Jetzt ist die Zeit und Stunde da
wir reisen nach Amerika
die Wagen stehn schon vor der Tür
mit Weib und Kindern marschieren wir

Die Freunde, die uns sind verwandt.
Reichet uns zum letztenmal die Hand:
„Ihr Freunde, weint nur nicht so sehr,
Wir sehn uns nun und nimmermehr ! “

Und als wir kamen in Bremen an
Und schaun das große Wasser an.
Wir fürchten keinen Wasserfall:
Der liebe Gott ist überall.

Und als wir kamen nach Baltimor
Da reckten wir die Hand empor
Wir riefen aus: Viktoria!
Nun sind wir in Amerika.

Wir reisten als noch weiter fort
Und trauten auf den lieben Gott
Der Müssigang ist nun vorbei
Ihr Brüder, es muß gearbeit’t sein!

Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort II (2893, Nr. 795 „Auswandererlied“)

Neueres Volkslied. Text und Melodie hier mündlich aus Oberhessen durch Wolfram in Dillenburg und Köhler-Lugge aus der Wetterau, ebenso aus dem Thüringer Wald 1851.  (auch: Nun ist die Zeit und Stunde da)

Anmerkungen zu "Jetzt ist die Zeit und Stunde da"

Mitte des 19. Jahrhunderts setzte in Deutschland eine riesige Auswanderungswelle -vor allem nach Amerika – ein. Ein sprunghafter Bevölkerungsanstieg (um fast 50%) Mißernten,  Hungersnöte und niedrigste Löhne – ein Bergbauarbeiter hatte etwa den Tagesverdienst von einem Laib Brot! – trieben allein 90.000 Badener um diese Zeit aus der Heimat, um in der neuen Welt ihr Glück zu suchen. Viele Menschen flohen auch nach der niedergeschlagenen Revolution von 1848/49 in die USA.

Fassung aus dem Elsaß , 1911
Jetzt ist die Zeit und Stunde da
Wir reisen nach Amerika
Der Wagen steht schon vor der Tür
Mit Weib und Kindern marschieren wir

Die Pferde sind schon angespannt
Gebt mir zum letzten mal die Hand
Gebt mir den letzten Abschiedskuß
Weil ich jetzt von euch scheiden muss

Im Glück mit Anvertrauten sehr
Fällt mir der Abschied nicht so schwer
Wir fahren nicht aus dieser Welt
Es ist ein Gott der uns erhält

Und wenn das Schiff in Wellen schimmt
So fürchten wir uns nicht so sehr
Wir fürchten keinen Wasserfall
Wir denken Gott ist überall

Und wenn wir kommen nach Baltimore
Heben wir die Hände hoch empor
Und singen laut „Viktoria
Jetzt sind wir schon in Amerika!

In Amerika da ist gut sein
Da gibt’s brav Bier und Brandewein
Der Brandewein der ist so gut
Der deutsche Bruder singen tut

Jetzt will ich meinem Bruder schreiben
Er soll nicht in Deutschland bleiben
Er soll verkaufen was er hat
Und kommen nach Amerika


Ältere Fassung:

Jetzt ist die Zeit und Stunde da
allwo wir ziehen nach Amerika
der Wagen steht schon vor der Tür
mit Weib und Kindern ziehen wir.

Amerika, du schönes Land
das ist der ganzen Welt bekannt
da wächst der Klee drei Ellen hoch
da gibt es Brot und Fleisch genug.

Ihr Freude alle, wohlbekannt!
Reicht uns zum letzten Mal die hand!
Wir sehen uns nun immermehr
ihr Freunde, weinet nicht so sehr!

Die Pferde stehn schon eingespannt
wir ziehen in ein fremdes Land
Und wenn das Schiff auf Segel schwimmt
dann wird ein Loblied angestimmt

Jetzt kommen wir in Bremen an,
da heißt es: „Brüder, tretet an!“
Wir fürchten keinen Wasserfall:
der liebe Gott ist überall.

Jetzt kommen wir nach Baltimore
und strecken unsre Hand empor
und rufen aus: „Viktoria
Jetzt sind wir in Amerika!

Wir gehen in die Stadt hinein
und kehren in ein Wirtshaus ein
und trinken da ein gut Glas Wein
und lassen Deutschland Deutschland sein

Weitere Strophen:

Und als wir kamen in New York an
da treffen wir alte Bekannte an
wir rufen froh Hallelujah
jetzt sind wir in Amerika

Und als wir kamen in Pittsburg an
da treffen wir unsere Freundschaft an
da singen wir Viktoria
jetzt sind wir in Amerika

Jetzt will ich meinem Bruder schreiben
Er soll nicht in Deutschland bleiben
Er soll verkaufen was er hat
Und kommen nach Amerika

In Das Volkslied im Elsaß , aus Eckartsweiler , 1911

"Jetzt ist die Zeit und Stunde da" in diesen Liederbüchern

u.a. in: Liederbuch der Bessarabien-Deutschen (1968 , nur 1,4,6) – Das Volkslied im Elsaß (ähnlich) – Die beiden zusätzlichen Strophen in Badischer Liederhort (1910)

Ziemlich gleiche Texte: O. Böckel, Oberhessische Volkslieder Nr, 45. — Schmitz , Eifler Sitten 160 — Wolfs Zeitschrift für Mythologie I, 99 durch W, v. Plönnies in Darmstadt eingesandt, — Aus dem Hessischen Hinterlande durch Crecelius in Alemannia XII, 189.–  Meier, schwäb, Volkslieder 257. — Schlosser, steir. VS. S. 338. — A, Müller, VL, aus dem Erzgeb. S. 48. — Archiv f. Litt.<Gesch. IX, 389. — Längere Texte und abweichend bei Mündel, Elsass. VL. Nr. 207, 205. — Das Lied ist schon gedruckt als das sehr beliebte Lied der Auswanderer in „Hess. Sitten, Sagen und Gebräuche.“ Herausg. von Gust. Kaute (Lehrer). Offenbach 1846, S. 86.