Das war der Zwerg Perkeo im Heidelberger Schloß

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Das war der Zwerg Perkeo
im Heidelberger Schloß
an Wuchse klein und winzig
an Durste riesengroß
Man schalt ihn einen Narren
er dachte: „Liebe Leut´
Wärt ihr wie ich doch alle
feucht-fröhlich und gescheut!

Und als das Faß, das große
mit Wein bestellet war
da ward sein künftger Standpunkt
dem Zwerge vollig klar
„Fahr wohl“, sprach er, „o Welt
du Katzenjammertal
was sie auf dir hantieren
ist wurst mir und egal

Um lederne Ideen
rauft man manch heißen Kampf
es ist im Grund doch alles
nur Nebel, Rauch und Dampf
Die Wahrheit liegt im Weine
beim Weinschlürf sonder End
erklär ich alter Narre
fortan mich permanent.“

Perkeo stieg zum Keller
er kam nicht mehr herfür
und sog bei fünfzehn Jahren
am rhein’schen Malvasier
War´s drunten auch stichdunkel
ihm strahlte inneres Licht
und wankten auch die Beine
er trank und murrte nicht

Als er zum Faß gestiegen
stand´s wohlgefüllt und schwer
doch als er kam zu sterben
klang’s ausgesaugt und leer
Da sprach er fromm: „Nun preiset
ihr Leute, des Herren Macht
die in mir schwachen Knirpse
so Starkes hat vollbracht.

Wie es dem kleinen David
gegen Goliath einst gelang
also ich arm Gezwerge
den Riesen Durst bezwang
Nun singt ein de profundis
daß das Gewölb erdröhnt
das Faß steht auf der Neige
ich falle sieggekrönt.“

Perkeo ward begraben –
um seine Kellergruft
beim leeren Riesenfasse
weht heut noch feuchte Luft.
Und wer als frommer Pilger
frühmorgens ihr genaht:
Weh ihm! Als Weinvertilger
durchtobt er nachts die Stadt

Text: Josef Viktor Scheffel
Musik: Stefan Gruwe

in: — Deutsch-Österreichisches Studentenliederbuch (1888) — Albvereins-Liederbuch (1905) — Des Rennsteigwanderers Liederbuch (1907) — Der freie Turner (1913) — CC Liederbuch (1940) —

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