Einen König weiß ich
heißet er Ludwig
der gerne Gott dienet
ich weiß, er ihm’s lohnet.
Kind ward er vaterlos
dess ward ihm bald Buß (Ersatz)
führte ihn der Herr
Erzieher ward er sein.
Gab er ihm Tüchtigkeit
herrliche Degcnschaft,
Stuhl hier bei den Franken
so brauche er es lang
Das teilte er dann
bald mit Karlemann
dem Bruder seinem
die Zahl der Wonnen.
Wie das ward all geendigt
prüfen wollt Gott ibn:
ob er Mühseligkeiten
so jung erdulden möchte
Ließ er heidnische Männer
über See gleiten,
das Volk der Franken
mahnen der Sünden
Einige bald verlorene
wurden teils erkorene
Harmbescherung (Schmach) erduldete
der ehe (früher) mißlebte (schlecht lebte)
Der, der dann ein Dieb war
und der davon genas,
nahm seine Fasten
seitdem ward ein guter Mann.
Mancher war ein Lügner
mancher ein Schacher (Räuber)
mancher voll Zuchtlosigkeit
und er büßte (reinigte) sich davon
Der König war entfernt
Das Reich ganz geirrt,
es war erzürnt Christus
leider dass entgalt es
Doch erbarmete es Gott
wusste er alle die Not
hieß er Ludwigen dahin
bald reiten:
Ludwig, König mein
hilf meinen Leuten!
es haben sie Normannen
gar hart bedrängt
Da sprach Ludwig
Herr, so tu ich
Tod, nicht entreiße mir es
(mache es mir nicht unmöglich)
Alles, was du gebietest!“
Da nahm er Gottes Urlaub
Hub er die Kriegesfahne auf,
ritt er dahin zu den Franken
entgegen den Normannen,
Gott dankten
die seiner warteten
sprachen alle: Herr mein
so lange warten wir dein
Dann sprach laute
Ludewig der gute:
Tröstet euch, Gesellen,
meine Notgefährten!
Hieher sandte mich Gott
auch mir selbst gebot,
ob euch ratsam däuchte
dass ich hier kämpfte,
mich selbst nicht schonte
bis ich euch errettete.
Nun will ich dass mir folgen
alle Gottes Helden (Getreuen)
Beschert ist das Hiersein (Leben)
so lang als Christ will;
will er unsere Hinfahrt
dess hat er Gewalt.
Wer also hier in Kraft
tut Gottes Willen.
Kommt er gesund aus
ich lohn es ihm
Bleibt er darin
seinem Geschlechte
(will ichs dann lohnen)
Da nahm er Schild und Speer
gewaltiglich ritt er,
wollt‘ er irgendwo
auskundschaften seine Widersacher.
Da war es nicht sehr lang
fand er die Normannen,
„Gott Lob!“ sagt er
er sieht was er begehrte.
Der König ritt kühn
sang ein Lied heilig
und alle zusammen sungen:
„Kyrie eleison!“
Sang war gesungen
Kampf war begunnen
Blut schien in den Wangen
spielend kämpften die Franken.
Da focht der Helden jeglicher
keiner so wie Ludewig,
schnell und kühn
das war ihm angestammt.
Manchen durchschlug er
manchen durchstach er.
Er schenkte zu Händen seinen Feinden
bitteres Leides, so weh ihnen hier des Leibes.
Gelobet sei die Gottes Kraft
Ludewig ward sieghaft
auch allen Heil’gen Dank
sein ward der Siegestampf
Wohlan aber, Ludwig
König sei (eben so) selig (glücklich)
als kampfgerüstet er hier war,
wo dessen Noth war
Erhalte ihn der Herr
bei seiner Ehr und Herrlichkeit!
Text und Musik: Verfasser unbekannt
Übersetzung des Ludwig-Liedes (W. Pütz, altdeutsches Lesebuch). Das Ludwigslied (Ritmus teutonicus de piae memoriae Hluduico Rege filio Hluduici aque regis nach der Überschrift des Originals) ist das älteste historische Lied in deutscher Sprache, zu Ende des 9. Jahrhunderts verfasst. Das Lied besingt den Sieg des ostfränkischen Königs Ludwig III. über die Normannen bei Soucourt 881.