Es waren zwei Königskinder (1926)

Volkslieder » Liebeslieder » Liebeskummer »

=> (Alle Versionen)

Es waren zwei Königskinder
die hatten einander so lieb
sie konnten zusammen nicht kommen
das Wasser war viel zu tief

„Ach, Liebster, könntest du schwimmen
so schwimm doch herüber zu mir!
Drei Kerzen will ich anzünden
und die sollen leuchten dir.“

Das hört´ eine falsche Nonne
die tät, als wenn sie schlief
Sie tät die Kerzlein auslöschen
Der Jüngling ertrank so tief

Es war am Sonntagmorgen
die Leute waren alle so froh
nicht so die Königstochter
die Äuglein, die saßen ihr zu

„Ach Mutter, herzliebste Mutter
mein Kopf tut mir so weh
darf ich nicht gehen spazieren
wohl an die grüne See.“

Die Mutter ging nach der Kirche
die Tochter an den Strand
Sie ging so lange spazieren,
bis sie einen Fischer fand

„Ach Fischer, liebster Fischer
willst du verdienen groß´ Lohn?
So wirf dein Netz ins Wasser
und fisch mir den Königssohn!“

Er warf das Netz ins Wasser
er ging bis auf den Grund
er fischte und fischte so lange
bis sie den Königssohn fand

Sie schloß ihn in die Arme
und küßt´ seinen bleichen Mund:
„Ach, Mündlein, könntest du sprechen,
so wäre mein jung Herze gesund.“

Was nahm sie von ihrem Haupte
eine goldene Königskron
„Sieh da, wohledler Fischer
hast deinen verdienten Lohn!“

Was zog sie von ihrem Finger
ein Ringlein von Gold so rot
„Sieh da du wohledler Fischer
kauf deinen Kindern Brot!“

Sie schwang um sich ihren Mantel
und sprang wohl in die See
„Gut´ Nacht, mein Vater und Mutter
ihr seht mich nimmermehr‘!“

Da hört man ein Glöcklein läuten
Da hört man Jammer und Not
Hier liegen zwei Königskinder
die sind alle beide tot

Text aus dem Niederdeutschen, nach 1800 aufgezeichnet. Der hochdeutsche Text nach Hoffmann von Fallersleben , 1819. Melodie 1807 zuerst gedruckt – Angaben nach Weltkriegs-Liedersammlung (1926) , darin diese Version von Es waren zwei Königskinder.
zu hören auf dem Album Brot & Rosen von Die Grenzgänger

Liederthema:
Liederzeit: vor 1926 : Schlagwort:
Geschichte dieses Liedes:
Musiker:

Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen:

„Die Sage von den zwei Königskindern oder die Schwimmersage, welche in einer Reihe zusammengehöriger Volksballaden auftritt , ist nach ihrem Inhalte uralt. Diese Balladen , welche das unglückliche Geschick eines Liebespaares erzählen, bringen dieselbe Geschichte, die von Hero und Leander erzählt wird. Somit ist der Stoff aus dem hellenischen Altertum im Mittelalter in der Leute Mund gekommen und Vermittelung durch Gelehrte und Kunstdichter nicht anzuzweifeln:

Der Stoff wurde nach gekannten griechischen Quellen vermutlich durch provenzalische und nordfranzösische Dichter nach Deutschland getragen. In Deutschland muss die Sage wenigstens seit dem 12. Jahrhundert gekannt gewesen sein und scheint, dass sie vom Meere her eingebracht und nach dem Süden verpflanzt wurde, da die meisten hochdeutschen Texte scheinbar aus dem niederdeutschen hervorgegangen sind.

Lieder über diese herrliche Sage finden sich seit dem 15. Jahrhundert und bis jetrt in Nord- und Süddeutschland verbreitet. Sie beginnen: „Es waren zwei Königskinder“, „Ach Mutter, liebe Mutter“, „Ach Elslein, liebes Elselein“ …

Aber auch in Holland , Dänemark und Schweden wird das Lied von den unglücklichen Königskindern gesungen. Die Zeit hat das Gewand der Sage nach ihrer Sprache und die Wendungen geändert, und die Sage je nach dem neuen Lande und fremden Boden und Klima umgebildet.

Im 12. oder 13. Jahrhundert haben niederrheinische Kolonisten die Sage nach Mähren in das Kuhländchen verpflanzt. Hier wurde das Lied nicht nur mundartlich umgestaltet, sondern auch die Erinnerung an das Meer ist erloschen: die Königstochter der alten freien Sachsen ward hier zu einem Landmädchen der Kolonie verwandelt, und statt „an die kant van de rustende See“ zieht sie in den Grunwald und der Jüngling ertrinkt im Waldbache.

In der Schweiz hat sich die uralte, mythologische Sage, welche den klassischen Namen „Hero und Leander“ trägt, an mehreren Seen lokalisiert, besonders am Hallwyler See (Kanton Aargau) in dem Liede: „Es wend zwoi Liebi zsäme“ ( s. Rochholz, Aargauersagen II, 33 ) .

Die griechische Sage erzählt von Hero und Leander, die deutsche und skandinavische lassen die liebenden Königskinder ohne Namen .

Hero, eine schöne Jungfrau und Priesterin der Aphrodite zu Sefostes am Hellespont, liebte den schönen Leandros aus dem kleinasiatischen Abhdos, einer Stadt jenseits des Hellespont, gegenüber dem Orte seiner Geliebten. Um zu ihr zu gelangen, musste er stets den Hellespont durchschwimmen; in einer stürmischen Nacht kam er in den Fluten ums Leben. Da stürzt sich seine verzweifelnde Geliebte ins Meer

Dass die Sage sogar bis nach Indien hinaufreiche und dort am Gestade des Chinab und Pendschab im Volksmunde noch Lieder leben sollen, die das Unglück der Liebenden Hîr und Rângha, ähnlich dem von Hero und Leander, besingen ist ein Irrtum, den R. Köhler 1879 in der Zeitschrift f. d. Altertum ( Anzeiger Ser . VI. S. 265) zurückgewiesen . Diesen in deutschen Büchern nachgeschriebenen Irrtum hat zuerst der Orientalist Garcin de Taffy in seiner Übersetzung des hindostanischen Romans „Les Aventures de Kamrup“ , Paris 1834 p . II ausgesprochen, aber später in seiner Übersetzung des Romans Hir und Randscha 1857 widerrufen und erklärt, dass die Sage von diesem indischen Liebespaar mit der von Hero und Leander nicht identisch sei.“

(in: Erk / Böhme: Deutscher Liederhort I, 1894, Nr. 83 ff)