Es waren zwei Königskinder (Liederhort)

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Es waren zwei Königskinder (Liederhort)

Es waren zwei Königskinder
die hatten einander so lieb
sie konnten beisammen nicht kommen
das Wasser war viel zu tief

Ach Schätzchen könntest du schwimmen
so schwimm doch herüber zu mir
drei Kerzchen will ich anzünden
und die solln leuchten zu dir

Das hört ein falsches Nönnchen
die tat als wenn sie schlief
sie tät die Kerzlein auslöschen
der Jüngling ertrank so tief

Es war an eim Sonntag Morgen
die Leut warn alle so froh
nicht so die Königestochter
ihr Augen saßen ihr zu

Ach Mutter herzliebste Mutter
mein Kopf tut mir so weh
ich möcht so gern spazieren
wohl an die grüne See

Ach Tochter herzliebste Tochter
allein sollst du nicht gehn
weck auf dein jüngste Schwester
und die soll mit dir gehn

Ach Mutter herzliebste Mutter
meine Schwester ist noch ein Kind
sie pflückt ja all die Blümlein
die auf Grünheide sind

Ach Tochter herzliebste Tochter
allein sollst du nicht gehn
weck auf deinen jüngsten Bruder
und der soll mit dir gehn

Ach Mutter herzliebste Mutter
mein Bruder ist noch ein Kind
der schießt ja all die Vöglein
die auf Grünheide sind

Die Mutter ging nach der Kirche
die Tochter hielt ihren Gang
sie ging so lang spazieren
bis sie den Fischer fand

Ach Fischer liebster Fischer
willst du verdienen groß Lohn
so wirf dein Netz ins Wasser
und fisch mir den Königssohn

Er warf das Netz ins Wasser
es ging bis auf den Grund
der erste Fisch den er fischet
das war sich des Königs Sohn

Sie faßt ihn in ihre Arme
und küßt seinen todten Mund
Ach Mündlein könntest du sprechen
so wär mein jung Herze gesund

Was nahm sie von ihrem Haupte
eine goldene Königskron
Sieh da wohledler Fischer
hast dein verdientes Lohn

Was zog sie von ihrem Finger
ein Ringlein von Golde so roth
Sieh da wohledler Fischer
kauf deinen Kindern Brot

Sie schwang sich um ihren Mantel
und sprang wohl in die See
Gut Nacht mein Vater und Mutter
ihr seht mich nimmermeh

Da hört man Glocklein läuten
da hört man Jammer und Not
Hier liegen zwei Königskinder
die sind alle beide tod

Text und Musik: Verfasser unbekannt
Vielfach mündlich überliefert aus Westfalen und der Rheingegend ,  Bonn ,  Wesel .
Abgedruckt in Deutscher Liederhort (1856, Nr. 20 und Nr. 84a)

Diese Textfassung und die allgemein in Deutschland bekannte Dur-Melodie stehen schon in den Volksliedern von Büsching und v. d .Hagen 1807, handschriftlich mitgeteilt durch Dr. Bothe 1804. Diese rheinische Lesart vom Text ist wesentlich gleich der Brandenburger 1804, der die 4 Anfangsstrophen fehlen

Liederthema: ,
Liederzeit: vor 1807 : Zeitraum:
Orte: , ,
Geschichte dieses Liedes:
Musiker:
CD-Tipp:

Dieses Lied auf dem Album:

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Preis der deutschen Schallplattenkritik: Von der Liebe und ihren Bedingungen im Alltag. Liebeslieder aus sechs Jahrhunderten, wunderschön aufgemacht: Mit 40-seitigem, reich bebildertem Booklet mit historischen „Liebesgaben“ – als Gast: Cynthia Nickschas. Urvertraut und doch unerhört neu: ein kleines Meisterstück! (Westdeutsche Allgemeine Zeitung) Hörproben und Bestellmöglichkeit

Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen:

„Die Sage von den zwei Königskindern oder die Schwimmersage, welche in einer Reihe zusammengehöriger Volksballaden auftritt , ist nach ihrem Inhalte uralt. Diese Balladen , welche das unglückliche Geschick eines Liebespaares erzählen, bringen dieselbe Geschichte, die von Hero und Leander erzählt wird. Somit ist der Stoff aus dem hellenischen Altertum im Mittelalter in der Leute Mund gekommen und Vermittelung durch Gelehrte und Kunstdichter nicht anzuzweifeln:

Der Stoff wurde nach gekannten griechischen Quellen vermutlich durch provenzalische und nordfranzösische Dichter nach Deutschland getragen. In Deutschland muss die Sage wenigstens seit dem 12. Jahrhundert gekannt gewesen sein und scheint, dass sie vom Meere her eingebracht und nach dem Süden verpflanzt wurde, da die meisten hochdeutschen Texte scheinbar aus dem niederdeutschen hervorgegangen sind.

Lieder über diese herrliche Sage finden sich seit dem 15. Jahrhundert und bis jetrt in Nord- und Süddeutschland verbreitet. Sie beginnen: „Es waren zwei Königskinder“, „Ach Mutter, liebe Mutter“, „Ach Elslein, liebes Elselein“ …

Aber auch in Holland , Dänemark und Schweden wird das Lied von den unglücklichen Königskindern gesungen. Die Zeit hat das Gewand der Sage nach ihrer Sprache und die Wendungen geändert, und die Sage je nach dem neuen Lande und fremden Boden und Klima umgebildet.

Im 12. oder 13. Jahrhundert haben niederrheinische Kolonisten die Sage nach Mähren in das Kuhländchen verpflanzt. Hier wurde das Lied nicht nur mundartlich umgestaltet, sondern auch die Erinnerung an das Meer ist erloschen: die Königstochter der alten freien Sachsen ward hier zu einem Landmädchen der Kolonie verwandelt, und statt „an die kant van de rustende See“ zieht sie in den Grunwald und der Jüngling ertrinkt im Waldbache.

In der Schweiz hat sich die uralte, mythologische Sage, welche den klassischen Namen „Hero und Leander“ trägt, an mehreren Seen lokalisiert, besonders am Hallwyler See (Kanton Aargau) in dem Liede: „Es wend zwoi Liebi zsäme“ ( s. Rochholz, Aargauersagen II, 33 ) .

Die griechische Sage erzählt von Hero und Leander, die deutsche und skandinavische lassen die liebenden Königskinder ohne Namen .

Hero, eine schöne Jungfrau und Priesterin der Aphrodite zu Sefostes am Hellespont, liebte den schönen Leandros aus dem kleinasiatischen Abhdos, einer Stadt jenseits des Hellespont, gegenüber dem Orte seiner Geliebten. Um zu ihr zu gelangen, musste er stets den Hellespont durchschwimmen; in einer stürmischen Nacht kam er in den Fluten ums Leben. Da stürzt sich seine verzweifelnde Geliebte ins Meer

Dass die Sage sogar bis nach Indien hinaufreiche und dort am Gestade des Chinab und Pendschab im Volksmunde noch Lieder leben sollen, die das Unglück der Liebenden Hîr und Rângha, ähnlich dem von Hero und Leander, besingen ist ein Irrtum, den R. Köhler 1879 in der Zeitschrift f. d. Altertum ( Anzeiger Ser . VI. S. 265) zurückgewiesen . Diesen in deutschen Büchern nachgeschriebenen Irrtum hat zuerst der Orientalist Garcin de Taffy in seiner Übersetzung des hindostanischen Romans „Les Aventures de Kamrup“ , Paris 1834 p . II ausgesprochen, aber später in seiner Übersetzung des Romans Hir und Randscha 1857 widerrufen und erklärt, dass die Sage von diesem indischen Liebespaar mit der von Hero und Leander nicht identisch sei.“

(in: Erk / Böhme: Deutscher Liederhort I, 1894, Nr. 83 ff)

Abweichungen im Text

Variationen des Liedes:

  • 1 auch: Ach Jüngling (ach Liebchen) könntest du schwimmen ,so schwimm ein klein wenig zu mir, drei Kerzchen will ich anstecken (aufstecken) die sollen auch leuchten dir“ —
  • 3,1:  Da saß ein loses Nönnchen —
  • 3,3,: Sie tät die Kerzchen ausblasen der junge Herr ging zu Grund —
  • 4.:  Und als der Jüngling ( jung Herr)  zu Grunde ging , sie weinten und klagten (heulten) so sehr,  sie ging es mit trüben (weinenden) Augen wohl vor der Frau Mutter ihr Tür —
  • 7,4:  Die an dem Strande ( in dem Walde ,  auf dem Felde) sind  — Die Mutter die ging schlafen (vgl das Lied Die Jüdin ) — Sie schwang den Mantel umme,  die Schühlein nahms in die Hand,  sie ging wohl längs dem Ufer bis sie den Schiffer fand —
  • 11.3:  So greif mir aus den Wellen einen toten (reichen) Königssohn —
  • 12.3: Der erste Fisch den er antraf — Der erste Wurf und den er tat er fing sich den Königssohn —
  • 12.: Der Fischer warf behende sein Netz wohl in den Strom Sieh da du liebe Jungfer hast einen Königssohn —
  • 13,2:  Und küßt seinen bleichen Mund —
  • 14.: Was schwang sie von ihrem Halse: Eine Kett von Golde so rot —
  • 15:  Was zog sie von ihrem Finger ein Ringlein war von Gold , Sieh da du edler Fischer da hast dein verdienten Sold — — Was zog sie aus ihrer Tasche einen Beutel von Golde so schwer,  Nimm bin nimm hin lieber Fischer, ich brauch es nimmermehr —
  • 17,3: Es haben sich zwei Feinsliebchen aus Lieb ums Leben gebracht

Anmerkungen zu "Es waren zwei Königskinder (Liederhort)"

Text nach Erk, Deutscher Liederhort Nr. 21: vielfach mündlich aus Westfalen und vom Niederrhein (Bonn , Wesel etc) . Die allgemein in Deutschland bekannte Dur-Melodie ebenfalls bei Erk. Sie steht schon in den Volksliedern von Büsching und v. d .Hagen 1807, handschriftlich mitgeteilt durch Dr. Bothe 1804. Diese rheinische Lesart vom Text ist wesentlich gleich der Brandenburger 1804 , der die 4 Anfangsstrophen fehlen