Ich lebte einst im deutschen Vaterlande
In goldner Freiheit zwanzig Jahr‘ dahin
Da zog die Abenteuerlust mich hin zum Strande
Und ich bestieg ein Schiff mit heitrem Sinn
Mit aller Sehnsucht wünscht‘ ich und Gedanken,
Die vielen fremden Länder nah zu sehn.
Da fing das Schiff gefährlich an zu schwanken
Der Mastbaum brach, wir mußten untergehn
Ich rettete mit Not das nackte Leben
Auf jenem Mastbaum, den ich rasch ergriff
Ich wäre sonst den Wogen preisgegeben.
Doch da erblickte ich ein großes Schiff
Ich schwamm drauf zu und wurde aufgenommen
Und dankte Gott, daß ich gerettet sei.
Jedoch die Räuber, o wär‘ ich nie geboren!
verkauften mich in fremde Sklaverei.
Ich lebt‘ als Sklav‘ in dem Ägypterlande
Bei schwerer Arbeit, wohl der Jahre drei
Da kam ein Fürst vom deutschen Vaterlande
Der kaufte mich und noch zehn andre frei
Wie dankbar fielen wir da vor ihm nieder!
Der aber sprach: »Ich reise nach Stettin.
Dort schenk‘ ich euch der Heimaterde wieder,
Auf, auf, zum Schiff! Laßt uns von hinnen ziehn!«
Ach, könnte ich in meinem ganzen Leben
Noch einmal meine Eltern wiedersehn!
Was wollte ich nicht alles dafür geben!
Doch leider Gotts, es kann nicht mehr geschehn!
Text und Musik: Verfasser unbekannt
Der Verfasser dieses weit verbreiteten Volksliedes von etwa 1889 ist unbekannt. Die Melodie wurde später etwas verändert dem Horst-Wessel-Lied unterlegt.
Parodien, Versionen und Variationen: Der Text dieses faschistischen Propagandaliedes erschien erstmals im August 1929 in dem NSDAP-Propagandablatt „Der Angriff“. Der Verfasser des Gedichts war der brutale Berliner NS-Schläger Horst Wessels. Die Melodie des „Horst-Wessel-Liedes“ kommt bereits in vielen älteren Volksliedern vor! „… eine selbständig, nur in unbewußter Anlehnung an frühere Volkslieder neu gefundene Singweise liege hier nicht vor; der Sänger habe vielmehr die alten Melodien gekannt und verwendet, weil sie ihm im allgemeinen für das neue Lied geeignet erschienen“ (Entscheidung im Copy-Right-Streit um das Horst-Wessel-Lied vom 02.12.36, zitiert nach Broderick, S.7ff) Darüber hinaus
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Anmerkungen zu "Ich lebte einst im deutschen Vaterlande"
a) Mel und Text aus Eberstadt bei Butzbach Hessen 1892 — b) Mit einzelnen Worten anders und gleicher Mel aus Bischweiler im Elsaß 1889 durch den Seminaristen Herrn Hichel — c) Wieder mit einigen Silben abweichend bei Becker Rhein Volksliederborn Nr 114
Das Lied ist vermutlich neuern Ursprungs und durch Flugblätter auf Jahrmärkten verkauft worden und so ins Volk gekommen
Textvarianten
- 1.1: Einst lebte ich im deutschen Vaterlande der goldnen Freiheit 18 Jahr dahin
(der goldnen Zeiten achtzehn Jahr dahin)
- 1.3: der Reiz der trieb mich zu des Meeres Strande, bestieg ein Schiff mit heitrem frohen Sinn
(da zog die Neubegierde mich zum Strande…)
- 2.1 Mein größter Wunsch, mein einziges Verlangen, war Afrikas Küst´ auf offener See zu sehn
- 2.3 die Wellen schlugen, das Schiff fing an zu schwanken …
- 3.1 Zwar mühsam rettete ich mir mein Leben (ich rettete mit Mühe nur mein Leben)
- 3,3: Schon längst war ich den Wellen preisgegeben, als ich von ferne noch erblickt ein Schiff (ein ander Schiff entdeckt)
- 5.1: So lebte ich im fern´ Ägyptenlande in schwerer Arbeit 18 Jahr dahin (wohl zehn Jahr dahin)
- 5.4 und noch sechs Deutsche frei
- 6.1 Wir fielen dankend vor dem Fürste nieder …
- 6.3 Dort schenk ich euch dem Vaterlande wieder, so wandelt frei und lebensfroh dahin
- 7. fehlt
"Ich lebte einst im deutschen Vaterlande" in diesen Liederbüchern
Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895) – Wie´s klingt und singt (1936)
Vergleiche auch:
- Horst-Wessel-Lied Das Horst-Wessel-Lied ist ein faschistisches Propagandalied. Der Text wurde im August 1929 in dem NSDAP-Propagandablatt “Der Angriff” veröffentlicht. Der Verfasser Horst Wessel war ein brutaler Nationalsozialist aus Berlin. Er war bereits 1922 Mitglied des „Rollkommando…
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