Adieu Berlin und deine Gegend
wo´s nichts als lauter Unglück regnet
oft manchem Bursch sein Untergang
oft manchem Bursch sein Untergang
Drei Jahr hat man mich drin geschoren
zu einem Soldaten auserkoren
da heißt es: Du mußt Schildwach stehn
Des Abends wird gekommandieret
früh morgens wird geexerzieret
wohl vor des Kapitäns Quartier
Von da marschiert man auf Parade
da muß man stehen steif und gerade
daß sich das Aug im Kopf nicht rührt
Und wenn ich auf der Straß tu gehen
und mich ein Offizier tut sehen
so hab ich schon nicht recht getan
„Wenn ich dich nun werd wiedersehen
und du mir nicht wirst anders gehen
Spitzruthen soll ja sein dein Lohn“
Tu ich mich nun dawidersetzen
und ihm an seiner Ehr verletzen
so heißt es mit mir in Arrest
Da kommt daher ein Stabsprofessor
auf deutsch nennt man ihn Buckeldrescher
der gibt mir den verdienten Lohn
Am Löhnungs-Tage stehn die Leute
und warten schon auf meine Beute
eh ich nach mei´m Quartiere geh
Ich nahm die Kreid´, schrieb´s an die Türe
und nahm das Geld und ging zu Biere
zu delektieren meinen Leib
Schönstes Karolinchen sei willkommen
Berlin hat mir den Mut genommen
den ich weit hab mitgebracht
Ich würde meinen Mut schon wieder kriegen
wenn ich bei dir Karolinchen bliebe
denn du erfreust mein Herz und Sinn
Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort III (1893, Nr. 1403 „Klaglied eines Berliner Soldaten“, ohne 6. und 7.)
Eines der frühesten oppositionellen Soldatenlieder, schon vor 1810 belegt, „Fliegendes Blatt“ von 1810
vollständiger Text in „Mutter der Mann mit dem Koks ist da“ (1977)
Parodien, Versionen und Variationen: Diese Klagelieder über Soldaten-Schicksale stammen noch aus dem 18. Jahrhundert und waren bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitet, so lange die den Menschen entwürdigende Prügelstrafe und das „Spießruten laufen“ für militärische Vergehen in barbarischer Weise noch gehandhabt wurden.
Anmerkungen zu "Adieu Berlin und deine Gegend"
Bemerkenswert die Anmerkung von Böhme im Liederhort III – besonders der letzte Absatz: „Diese Klagelieder über Soldaten-Schicksal stammen noch aus dem 18. Jahrhunderte und wurden bis zur Mitte unsres Jahrhunders gehört, so lange die allgemeine Wehrpflicht noch nicht eingeführt und die den Menschen entwürdigende Prügelstrafe und Spießruten laufen für militärische Vergehen barbarischer Weise noch gehandhabt wurden.
Seit dem Jahre 1848 ist die Prügelstrafe abgeschafft und hat überhaupt eine menschenwürdigere Behandlung der Landessöhnc und Vaterlandsverteidiger endlich Platz gegriffen, so daß Soldatenmißhandlungen (mit seltenen Ausnahmen) nicht mehr vorkommen und derartige Klagrufe, wie sie das Lied enthält, der Vergangenheit angehören.
Nur als Kulturbilder, fern von demonstrativer Absicht, sind hier einige Proben aufgenommen. Wird auch der heutige Soldat über strengen Dienst noch fortwährend zu klagen haben, so denken die meisten doch später gern an die lustige Soldatenzeit zurück, während welcher sie durch strenge Disziplin jedenfalls an Körpergewandtheit, Gesittung und Charakterbildung etwas profitiert und überdies Anwartschaft auf Staatsanstellung erworben haben.“
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