Rot schaut das Banner auf uns nieder
wir grüßen´s mit erhobener Hand
und heller schmettern unsere Lieder
die Welt ist unser Vaterland
Rot ist der Zorn, der in uns glutet
Rot ist der Haß, der uns durchdringt
und rot das Blut, das uns durchflutet
um uns ein Band, ein festes schlingt

Wir wollen männiglich verfechten
der Menschheit Recht, der Armen Heil
entlarven wolllen wir die Schlechten
bekämpfen was gemein und feil
Der Knecht erfahre, daß der Reiche
so nackt wie er das Licht erblickt
daß er vom Anfang ganz der Gleiche
so hilflos und so ungeschickt

Des Herdes Reinheit sei uns teuer
sie die des Lebens Würze beut
erhaltet das vestal´sche Feuer
und euere Schwelle ist gefeit
Wenn alles morsch und am Verwesen
im Volk liegt der gesunde Kern
zum Aufbau sind wir auserlesen
der Tag des Sieges ist nicht fern

Dann werden uns´re Kinder nimmer
des Siechtums rasche Beute sein
nein, angehaucht von ros´gem Schimmer
sich ihres jungen Daseins freu´n
Im Kohlenstaube der Fabriken
weilt keine Mutter mehr, kein Kind
sie mögen froh zum Himmel blicken
indes die Spule läuft und spinnt

Reicht Euch die Hände, die ihr Glauben
in Eure hohe Sendung spürt
O laßt ihn Euch von niemand rauben
Dann ist das Werk schon halb vollführt
Hinaus nun brause Sang der Freude
du Banner flatt´re uns voran
Wir alle schwören laut dir heute
der Freiheit brechen wir die Bahn!

Text und Musik: Verfasser unbekannt
Melodie abgedruckt im “ Vorwärts “
in: Max Kegel : Sozialdemokratisches Liederbuch von 1896

Was für eine Sprache: „…und euere Schwelle ist gefeit“! Das Banner, das mit erhobener Hand gegrüsst wird, erinnert an einen anderen Gruß mit erhobener Hand und ausgestrecktem Arm 50 Jahre später… Viel gelungener hingegen die Frauenversion dieses Liedes: „Ihr Schwestern in der Arbeit Heere

Liederthema:
Liederzeit: vor 1896 : Zeitraum: ,
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