O Haupt voll Blut und Wunden,
Voll Schmerz und voller Hohn,
O Haupt, zum Spott gebunden
Mit einer Dornenkron
O Haupt, sonst schön gezieret
Mit höchster Ehr und Zier,
Jetzt aber höchst schimpfieret:
Gegrüßet seist du mir!

Du edles Angesichte,
Davor sonst schrickt und scheut
Das große Weltgewichte,
Wie bist du so bespeit!
Wie bist du so erbleichet!
Wer hat dein Augenlicht,
Dem sonst kein Licht nicht gleichet,
So schändlich zugericht?

Die Farbe deiner Wangen,
Der roten Lippen Pracht
Ist hin und ganz vergangen;
Des blaßen Todes Macht
Hat alles hingenommen,
Hat alles hingerafft,
Und daher bist du kommen
Von deines Leibes Kraft.

Nun, was du, Herr, erduldet,
Ist alles meine Last;
Ich hab es selbst verschuldet,
Was du getragen hast.
Schau her, hier steh ich Armer,
Der Zorn verdienet hat;
Gib mir, o mein Erbarmer,
Den Anblick deiner Gnad!

Erkenne mich, mein Hüter,
Mein Hirte, nimm mich an!
Von dir, Quell aller Güter,
Ist mir viel Gut’s getan.
Dein Mund hat mich gelabet
Mit Milch und süßer Kost;
Dein Geist hat mich begabet
Mit mancher Himmelslust.

Ich will hier bei dir stehen,
Verachte mich doch nicht!
Von dir will ich nicht gehen,
Wenn dir dein Herze bricht;
Wenn dein Haupt wird erblaßen
Im letzten Todesstoß,
Alsdann will ich dich faßen
In meinen Arm und Schoß.

Es dient zu meinen Freuden
Und kommt mir herzlich wohl,
Wenn ich in deinem Leiden,
Mein Heil, mich finden soll.
Ach, möcht‘ ich, o mein Leben,
An deinem Kreuze hier
Mein Leben von mir geben,
Wie wohl geschähe mir!

Ich danke dir von Herzen,
O Jesu, liebster Freund,
Für deines Todes Schmerzen,
Da du’s so gut gemeint.
Ach gib, daß ich mich halte
Zu dir und deiner Treu‘
Und, wenn ich nun erkalte,
In dir mein Ende sei!

Wenn ich einmal soll scheiden,
So scheide nicht von mir;
Wenn ich den Tod soll leiden,
So tritt du dann herfür;
Wenn mir am allerbängsten
Wird um das Herze sein,
So reiß mich aus den Ängsten
Kraft deiner Angst und Pein!

Erscheine mir zum Schilde,
Zum Trost in meinem Tod,
Und laß mich sehn dein Bilde
In deiner Kreuzesnot!
Da will ich nach dir blicken,
Da will ich glaubensvoll
Dich fest an mein Herz drücken.
Wer so stirbt, der stirbt wohl.

Text: Paul Gerhardt (1656) , 1607 – 1676 – wenige Jahre nach dem Endes des 30-jährigen Krieges in Europa.
Melodie: Johann Crüger (1598-1662), Organist an der St.-Nikolai-Kirche in Berlin und Freund Paul Gerhards, die Orginalmelodie schrieb aber Hans Leo Haßler vor 1601: Mein Gemüt ist mir verwirret
Den ersten geistlichen Text auf diese wunderschöne Melodie schrieb Christoph Knoll 1611: Herzlich tut mich verlangen

u.a.in: Feldgesangbuch (1897) — Kinderklänge (1921) — Blaue Fahnen (1930) —

Liederthema:
Liederzeit: vor 1656 : Zeitraum: ,
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