Gestern saß ich still beim Wein voller Missvergnügen

Gestern saß ich still beim Wein voller Missvergnügen
war wohl mit dem falschen Bein aus dem Bett gestiegen
Da erklangen vor dem Tor Jugendstimmen leise
und in mein geschärftes Ohr drang die Burschenweise

Gaudeamus igitur
iuvenes dum sumus
post iucundam iuventutem
post molestam senectutem
nos habebit humus

Zog herein ein lustger Schwarm Sachsen und Westfalen
mit Borussen Arm in Arm Schwaben und Vandalen
junges Blut mit flaumgem Bart, Burschen, schlank wie Kerzen
auf der Wang die tiefe Quart, auf der Stirne Terzen

Vivat academia, vivant professores
vivat membrum quodlibet
vivant membra quaelibet
semper sint in flore

Näher kommt’s mit Hall und Schall Hinter Blumentöpfen
wird’s lebendig überall von bezöpften Köpfen
Ob der Kaffee auch verbrennt und die teure Sahne
von dem Herd zum Fenster rennt Tochter, Mutter, Ahne

Vivant omnes virgines
graciles formosae
vivant et mulieres
tenerae, amabiles
bonae, laboriosae!

Als die alte Stadt entlang zog der helle Haufen
fühlt ich über meine Wang heiß ein Tränlein laufen
Als ich’s mit dem Finger schnell aus dem Bart gerieben
ist ein Haar mir silberhell in der Hand geblieben

Vita nostra brevis est
brevi finietur
Venit mors velociter
rapit nos atrociter
nemini parcetur

Alte Burschenherrlichkeit! bist du gleich entschwunden
schlug mir auch im Lauf der Zeit Frau Fortuna Wunden
Burschenmut ich nicht verlor mit der Burschenmütze
und dem Schicksal nach wie vor biet ich keck die Spitze

Pereat tristitia, pereant osores
pereat diabolus
quivis antiburschius
atque irrisores

Text: Rudolf Baumbach
Musik: auf Als ich schlummernd lag heut Nacht 
Allgemeines Deutsches Kommersbuch ()

Zur Geschichte dieses Liedes:

Versionen, Parodien und Nachdichtungen: :

Bis auf das 12. Jahrhundert zurück geht das vielleicht bekannteste Studentenlied des 18. und 19. Jahrhunderts: „Lasst uns also fröhlich sein!“ („Gaudeamus Igitur“)

Liederthema:
Liederzeit vor 1890 - Zeitraum:
Stichwort: Geschichte dieses Liedes:


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