Frisch auf mein liebes Töchterlein

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Frisch auf mein liebes Töchterlein

Frisch auf, mein liebes Töchterlein
Und Hab ein guten Mut
über acht Tag sollst du ein Bräutlein sein
„Ach Mutter, das wär gut
Zum Handel bin ich willig bereit
Nach ei’m Mann verlangt mich sehr
Allein zu schlafen bringt kein Freud
Macht jungen Mägdlein gar lange Zeit
Drum gebt mir immer her!“

Also mein Kind, gehorch mir fein
Was ich dich heiß, das tu
So wirst du im Ehstand glücklich sein
Wirst haben Freud und Ruh
„Das tu ich ja, mit ganzem Fleiß
Bin ich euch ghorsam alle Zeit
Wann ich nur euren Willen weiß
Gebt mir nur zwen auf eur Geheiß,
Ich nimm sie alle beid“

Mein Tochter, zwen bekommst du nicht
Schlag dirs nur aus dem Sinn!
„So gebt mir ein, doch mich bericht
Wem ich verheirat bin?“
Kennst du wohl Doktor Gratias?
„Oho! den alten Bösewicht?“
Halts Maul! es ist ein reicher Mann
„Ach Mutter, ich muß ein jungen han
Den alten mag ich nicht“

Ach du verstehsts nicht, junge Maid
Drum folg deiner Mutter Rat
Geld bedeckt all Gebrechlichkeit
Weil er’s die Menge hat.
„Will gschweigen, seiner Geschicklichkeit
Zu erzähln wär gar zu lang
Auch hilft er durch sein Gschwindigkeit
Vom Leben zum Tod in kurzer Zeit,
Macht auch viel Gfunde krank“

„Auch kann er künstlich Zahn ausbrechen
Neusetzen anstatt in Mund
Viel meisterliche Augen ausstechen
Macht viel Hörend taub zur Stund“ –
Laß deine Schrlmei, es wird gereuen dich
Wo du den Mann schlägst aus.
„Ja nimmermehr überredt ihr mich
Daß ich sollt wohn’n ellendiglich
Bei dem alten Greis im Haus.“

Wär ich als du, und stund bei mir
Den Mann ließ ich nit fahren
„Hätt euren Sinn, wär so alt als ihr
Ich nähm ihn herzlich gern
Denn Alt und Alt soll sich paaren
Jung ist aufs Jung verpicht:
Nun bin ich aber noch jung an Jahren
Ihr seid alter Sachen wohl erfahren
Nehmt ihn, ich mag ihn nicht!“

Ei, willt du nicht, so merk ich eben
Dein nasweiß Maul halt dann:
Ich will dich in ein Kloster geben
Vermählen ei’m hülzen Mann
„Hoho! mit diesem albern Gedicht
Bringt ihr mich nicht an Tanz:
Nunnenfleisch ist mir gewachsen nicht
Der Alte wenig Freud anricht
Der Jüngling behält die Schanz.“

So hör ich wohl, ein Jungen nähmst frei
Wenn er wär fromm von Ehren
Höflich, schön, auch reich dabei
„Ja freilich, von Herzen gern!“
Ei meinst, wann ich ein solchen wüßt
Ich wolltn dir henken an Hals?
Ja wohl er sollt dich drucken nicht.
Wollt ihn wohl selber behalten:
Alt Ziegen lecken auch gern Salz.

Text und Musik: Verfasser unbekannt
Fliegendes Blatt: „Zwei Schöne ncwe Lieder . . . Gedr. im Jar 1609.“
Danach gedruckt im Weimarer Jahrbuch V, S. 220 ff. und hier. Anderes fliegendes Blatt Basel 1612
Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 832 „Jung und alt dasselbe gefallt“)

4, 7  Geschwindigkeit = Gewandtheit. — 5. 3 Augen = Hühneraugen — 7, 9 die Schanz behalten = das Spiel gewinnen, den Vorzug behaupten.

Liederthema: , ,
Liederzeit: vor 1609 : Zeitraum:

Anmerkungen zu "Frisch auf mein liebes Töchterlein"

Geistliche Parodie 1612 (bei Wackernagel. 5, 460). Im Ton: Frisch auf mein liebes Töchterlein.

Frisch auf, du liebes Herze mein
und Hab ein kecken Mut
Denn Gott der will dein Vater sein
und haben dich in Hut
Er will dir weisen Weg und Steg
wie er denn allzeit Pflegt
Wer Gott vertraut aufs allerbest
und sich auf Menschen nicht verläßt
Den schützt er allzeit fest.“ (4 Str.)