Ein Traum ist alles nur auf Erden

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Ein Traum ist alles nur auf Erden

Ein Traum ist alles nur auf Erden
Ja, selbst das Dasein ist nicht mehr
Kaum fängt man an, ein Mensch zu werden
Und schätzt sich glücklich, wie ein Herr
Ei, so muss man schon die Welt verlassen
Die man genossen hat erst kaum
Ein jeder wandert diese Straßen
Weil alles ist ein leerer Traum

Der Jüngling träumet von der Liebe
Das junge Mädchen ebenso
Sie kennen nicht der Falschheit Triebe
Und leben recht vergnügt und froh
Doch ach, wie oft ist es geschehen
dass Untreu folgt, man denkt es kaum
Man wünscht, man hätt sich nie gesehen
Weil alles ist ein leerer Traum

Der heute noch in seinem Glanze
Kann morgen armer Schlucker sein
Geschwind wächst ihm die Unglückspflanze
Braucht selber gar nicht schuld zu sein
Durch falsche Freund wird er betrogen
Sein Geld verschwindet wie ein Schaum
Ihm ist das Glück nicht mehr gewogen
Weil alles ist ein leerer Traum

Wie mancher muss in Armut leben
Hat kaum die Nahrung für den Mund
Zwar kann das Glück ihm Reichtum geben
ist aber dabei nicht gesund
Da welkt er ab wie dürre Wiesen
Verderbet als das Laub am Baum
Er kann sein Glück nicht mehr genießen
Weil alles ist ein leerer Traum

Wie mancher wünschet sich zu sterben
Doch spricht es nur der kalte Mund
Weil ihm nichts drohet als Verderben
Und Bitterkeit zu jeder Stund
Doch fängt die Uhr schon an zu beben
Und fällt das beste Laub vom Baum
Da spricht er Könnt ich länger leben
Weil alles ist ein leerer Traum

Und hat man endlich ausgeträumet
Auf ewig sich das Auge schließt
Und dort wo gar kein Traum mehr scheinet
Wo alles klare Wahrheit ist
Dort fällt der Schleier vor uns nieder
Wir sehn die frohe Ewigkeit
Wir alle sehn einander wieder
Bestimmt zur frohen Herrlichkeit

Text und Musik: Verfasser unbekannt

Kunstgedicht, um 1850 entstanden. Schon von H. Weidt op 44 Nr 2 komponiert (Hamburg, Harigs Verlag). Sehr verbreitetes Lied am Rhein und im Elsass (Text bei Mündel Elsässische Volkslieder S. 283) Mit Melodie und Text ohne 4. und 5. Strophe bei Becker Rheinischer Volksliederborn Nr .167. Das Lied wurde am Niederrhein und im Hochwald um 1850-70 jeden Abend in Spinnstuben („Spinnmaien“) gesungen. (Volkstümliche Lieder der Deutschen, 1895)