Die Kinder vertreiben sich häufig und gern die Zeit damit, sich allerlei ,“schwierige“ Geheimschriften zum Lesen aufzugeben. Sie schreiben Buchstaben, Wörter und ganze Sätze in Spiegelschrift auf und sind dabei ebenso geduldig wie die andern Kinder im Lesen oder Raten.
Sie kennen auch andere Geheimschriften, in denen gewisse Hauptwörter z. B. mit einem entsprechenden Buchstaben bezeichnet werden. A bedeutet Auge, B = Backe, Z = Zunge usw. Eine weitere Geheimschrift bezeichnet die einzelnen Buchstaben durch Ziffern und einfache Strichzeichen wie „+“, „-„, „/“ usw. Sie wählen zuweilen selbst allerlei runenartige Zeichen für die Buchstaben. Das Aufgeben und Auflösen dieser Geheimschriften macht ihnen viel Vergnügen.
Oder sie schreiben einfache Zahlen; jede Zahl bedeutet den entsprechenden Buchstaben an dieser Stelle im Abc.
(Frankfurter Kinderleben, 1929, Nr. 2680, 2681)
Die Kasseler Kinder haben ihre eigenen Sprachen, welche Zunge und Ohr in noch höherem Grade drillen und schärfen, die Erbsen-, die B- und die H-Sprache. So lautet das Wort Mairegen in der ersten dieser drei Kindersprachen:
Marbesen — Arbesen — Irbesen — Rerbesen — Erbesen — Gerbesen — Erbesen – Rerbesen;
in der zweiten:
Maibai — Rebe — Graben
in der dritten:
Maihailefai — Rehelefe — Genhenlefen.
Ähnlich ist das Spielen mit dem Wortton, wobei z. B.
Gespenster zu Géspenstér oder Ladenfenster zu Ladénfenster wird, oder:
Die Kuh rannte, bis sie fiel, zu:
Dikurantebissifiel
in Kasseler Kinderliedchen (1891, Nr. 110)
Bei der Erbsen-Sprache werden jedem Buchstaben die drei Silben Er-be-sen angehängt. Bei Selbstlauten fällt das E der ersten Silbe jedesmal weg. Das Wort Mairegen also darin:
Merbesen – arbesen – irbesen – rerbesen – erbesen – gerbesen – erbesen – nerbesen