Wenn der Abend Kühl und labend
Sich auf unsre Täler senkt
Wenn die Wolken röter werden
Und der Hirte seine Herden
Am beschilften Teiche tränkt

Wenn der Hase Schon im Grase
Nascht und im betauten Kraut
Wenn der Hirsch aus dem Gehege
Wandelt und das Reh am Wege
Steht and traulich sich umschaut

Wenn mit Blüten Auf den Hüten
Sens und Rechen auf dem Arm
Unter spätem Festgefeuer
Heimwärts kehren unsre Heuer
Und der Schnitterinnen Schwarm

Still betrachtend Trüb und schmachtend
Staun ich dann die Gegend an
Freu so herzlich mich der hehren
Gotteswelt und süße Zähren
Sagen was kein Ausdruck kann

Froh und bange Lausch ich lange
Auf der Amsel Abendlied
Wie umhüllt von Erlenblättern
Nachtigallen ziehend schmettern
Und der Kibitz lockt im Ried

Bis nur Grillen Noch im Stillen
Zirpen und der Käfer streift
Und der Landmann wenns schon dämmert
seine Sens im Hofe hämmert
Und ein Mäherliedchen pfeift

Bis der Liebe Stern so trübe
in der Abendröte schwimmt
Dann der perlenfarbne Himmel
Dunkelt und das Glanzgewimmel
Der Gestirne sacht entglimmt

Text: von Salis-Seewis (1786) ,erstmal in Voßischer Musenalmanach für 1788 –
Wenige Jahre später findet sich in “ Allgemeine Literatur Zeitung , 1794 „diese Kritik: „Das Festgefeuer ist undeutsch und hat auch in der Verbindung in der es steht keinen Sinn. Sacks ist provincial and drückt hier auch das nicht aus was es ausdrücken soll: allmühlig, langsam. Sachte bedeutet so viel als Ieise, welches hierher nicht passt Die vierte Strophe die dem Ganzen Einheit geben soll enthält widerfprechende Empfindungen als Wirkungen jener ländlichen Scenen. Der Dichter staunt die Gegend trüb und schmachtend an und freut sich doch herzlich; die hehre Gotteswelt ift geziert und passt nicht zum Tone des Lieds Auch ist es ein Fehler daß oft das Ende eines Gedanken aus dem vorhergehenden Vers in den folgenden herübergezogen wird welche bei Liedern die gesungen werden sollen, das Ohr und den Verstand beleidigt“
in Als der Großvater die Großmutter nahm (1885)

Liederthema:
Liederzeit: vor 1786 : Zeitraum: