Nach Christi Geburt (Heinrich der Löwe)

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Nach Christi Geburt elf hundert vierzehn Jahr
Herzog Heinrich von König Konrad vertrieben war
Daß ihm allein blieb Braunschweig die Stätte
Nachdem zog er aus mit dem Adel zum heil gen Land
Seinem Weib zuletzt er ein halb gülden Ringlein gab
Das andre halb er behalten hätte

Ins weite Meer that sich das Schiff einheften
Ein Greif her in den Lüften flug
Und zug ein Mann aus seinem Schiff mit Kräften
Bald ließ der Fürst sich nähen ein
In ein Roßhaut mit sein stählern Gewande
Zu erretten das Leben sein

Der Greif kam wieder führt ihn auf zu Lande
Auf ein Hochgebirg in sein Nest
Zu Speiß seinen Jungen nieder
Der alte Greif von dem Neste flog
Der Fürst auszog sein Schwert
Die Jungen schlug er zu Tod
Stieg eilend von dem Felsen nieder

Ging um in dem Holz , fund nicht Weg noch Straß
Wurzel und Kräuter da und Seim er aß
Sah wie ein Löwe mit einem Drachen fochte
Der Fürst dem Löwen half und den Drachen erschlug
Der Löwe darnach mit dem Fürsten im Holze umzug
Kam nimmer von ihm nicht Tag und Nächte
Das währte bis auf das siebente Jahr
Daß er kein Menschenbild mochte ersehn
Der Fürst war hart betrübet gar

Eines Nachts der böse Geist that zu ihm gehn
Herzog Heinrich auf morgigen Tag
Hat ein Anderer Hochzeit mit deinem Weibe
Heut ich dich wohl hinbringen mag
Wenn du du mein wilt seyn mit Seel und Leibe
Er spricht Bringst du den Löwen und mich
Schlafend hin vor die Stadte Braunschweig
gesund und schadlos fein So bin ich dein
Zu Nacht führt sie der Teufel beid
Hin schlafend also spate

Vor der Stadt Braunschweig der Löw fing zu schreien an
Mit lauter Stimm daß der Herzog erwacht davon
Der Teufel setzt sie beid nieder im Zorn
Der Fürst ging auf die Burg da man die Hochzeit hat
Um Herzog Heinrichs Willen einen Trunk Wein er erbat
Einen Becher schickt ihm die Braut hochgeboren
Der Fürst sein halbes Fingerlein
Ließ heimlich in den goldnen Becher sinken
Schickt der Braut wiederum den Wein
Sie sah das Ringelein alsdann that sie trinken

Bei dem der Fürste ward erkannt
Sie umfing ihn
Freud war im ganzen Land
Daß der Fürst kam aus dem Elend
Und ward Herzog Heinrich der Leu genannt
Seinem Leuen baut er Leuenburg
Zum Gedächtniß der Liebe
Als nun der Fürst mit Tod ging ab
Auf seinem Grab
Der Leu blieb liegen bis er starb
So steht es noch beschrieben

Text und Musik : Verfasser unbekannt – Kurzfassung der Sage von Heinrich dem Löwen
in Deutsche Volkslieder mit ihren Original-Weisen (1841, Band II)

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Liederzeit: vor 1841 : Zeitraum:
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