In verhängnisschwere Tage hat das Schicksal uns gestellt (Festlied)

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In verhängnisschwere Tage
hat das Schicksal uns gestellt
wieder steht an einem großen
ernsten Wendepunkt die Welt
Aus sich selbst sie zu verjüngen
ringen sich aus ihrem Schoß
Neue ungeahnte Formen
unter herben Wehen los

Jeder Riß, der in den Geistern
zwischen sonst und heute klafft
Immer tiefer, immer breiter
wird er durch die Wissenschaft
die mit allem Überlebten
mutig und entschieden bricht
und die Nebel alter Träume
scheucht mit ihrer Sonne Licht

Bis zum Grund in allen Fugen
hat des Alten Bau gebebt
seit den tief gebeugten Nacken
und das bleiche Haupt erhebt
Seit, ein Simson, an die Säulen
wie zum Spiele legt die Hand
Jener junge finst´re Riese
der erwachte vierte Stand

Nicht die Schleppe derer tragen
die in Glanz und Ehren steh´n
ruhig seine eig´nen Pfade
will er für die Zukunft geh´n
Und er fordert nur das eine
fürder weder Herr noch Knecht
Freie off´ne Bahn für alle
und für alle gleiches Recht

In den Hader der Parteien
die der Glaube schroff entzweit
wirft er stolz den Ruf vom Wissen
das allein den Geist befreit
Und dem blinden Haß der Völker
und der Schlachten blut´gen Ruhm
stellt er leuchtend gegenüber
echtes, schönes Menschentum

Staunend und geblendet steht er
vor des Wissens reichem Hort
und verzaubert und ergriffen
lauscht er auf der Dichter Wort
Doch ein schmerzliches Erbarmen
faßt ihn hart und eisern an
daß er nichts von all den Schätzen
denen vor ihm geben kann

Was wir mühsam nur errungen
denen nach uns sei es leicht
keinem, der da hungern werde
mehr ein Stein für Brot gereicht
Nicht ein Wahn ist solches Streben
nicht ein Traum, der uns betört
Nein, ein Ringem dem die Zukunft
allem Hohn zum Trotz gehört

Text: Verfasser unbekannt
Musik: auf die Melodie von “ Deutschland Deutschland über alles
in Max Kegel : Sozialdemokratisches Liederbuch von 1896 , Seite 60

Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen:

Josef Haydns Melodie, auf die Hoffmann von Fallersleben 1841 auf Helgoland sein „Deutschland über alles“ dichtete, ist in den ersten Takten identisch mit der Melodie des kroatischen Volksliedes “Stal se jesam rano jutro malo pred zoru” (“Bin früh morgens kurz vor der Morgendämmerung aufgestanden”)

Stal se jesam rano jutro (Deutsche Nationalhymne)

Dieses Lied wurde in der Gegend um Sveti Ivan Zelina, Međimurje und im österreichischen Burgenland, wo schon jahrhundertelang eine starke kroatische Minderheit lebt, gesungen. Joseph Haydn kannte die Region und ihre Lieder gut.  Zu dem ersten vier Takten der kroatischen Melodie fügte er eine Modulation hinzu und eine Variation am Ende,  fertig war „seine“ Komposition.

Deutschland Deutschland über alles

Die deutsche Nationalhymne, 1841 auf Helgoland von Hoffmann von Fallersleben auf die Kaiserhymne von Josef Haydn geschrieben, wurde erst 1922 von dem sozialdemokratischen Reichspräsidenten Ebert zur Hymne erklärt. Schon früh gab es Nachdichtungen und Parodien auf „Deutschland Deutschland über alles„. Hier sind zahlreiche dieser Texte zusammen getragen. Mehr als 50 Nachdichtungen.

Nur 11 Jahre lang war das Lied mit allen drei Strophen in der Weimarer Republik die Nationalhymne, während der NS-Zeit wurde die erste Strophe gemeinsam mit der SA-Hymne, dem Horst-Wessel-Lied gesungen, nach 1945 war es auch deshalb zunächst nicht mehr die deutsche Hymne. Ab Mitte der 50er Jahre sang man in Westdeutschland dann nach längerem Streit die dritte Strophe von „Deutschland Deutschland über alles“, die DDR hatte eine eigene deutsche Hymne „Auferstanden aus Ruinen.