Es war ein frisch freier Reitersmann

Eppelein von Gailingen

Start » Balladen » ,

Es war ein frisch freier Reitersmann
Der Eppele von Geilingen ist ers genannt

Er reit zu Nürnberg aus und ein
er war der von Nürnberg ihr abgesagter Feind

Er reit gen Nürnberg für eines Schmiedes Haus
Hör lieber Schmid, tritt zu mir heraus!

Hör, lieber Schmid, nu laß dir sagen
Du sollst mir meim Roß vier Eisen aufschlagen

Beschlags mir wohl, beschlags mir eben
Ich will dir ein guten Lohn drum geben

Da greif er in die Taschen sein
Gab ihm viel der golden Gulden fein

Schmid, du solt nit viel davon sagen
Deine Herren müssen mirs wohl bezahlen

Er reit wohl für das Wechselhaus
Er nahm ihn‘ ihr silbernes Vogelhaus.

Er reit wohl auf den Geiersberg
Und macht ihn ihr Vogelhaus leer

Sie schickten ihm ein Boten nach:
Do Epple wollt liegen die Nacht?

Hör, lieber Bot, so ich dich muß fragen
Was hörst du von dem Epple sagen?

Das magst wohl für ein Wahrheit jehen
Du habst ihn mit dein Augen gesehen

Da reit er unter das Frauentor
Da hing ein Paar Reiterstiefel vor

Torwächter, lieber Torwächter mein,
Wes mag dies Paar Reiterstiefel sein?

Sie sind eins freien Reitersmann
Epple von Gailingen ist er genannt

Er nahm die Stiefel auf sein Gaul
Und schlugs dem Torwächter um das Maul

Sieh hin, Torwächter, da hast du dein Lohn
Das zeig deinen Herren von Nürnberg an.‘

Der Torwächter was ein behender Mann
Sagts seinen Herr’n und der Gemeinde an

Sie schicken siebenzig Reiter ohn Gefähr
Wo der Epple hinkommen wär

Söldner, eur Gefangner will ich nit sein
Eur sind siebzig, ich nur allein

Sie trieben ihn auf einen hohen Stein
Der Epple von Gailingen sprang in den Main

Ihr Söldner, ihr seid nit Ehren Wert
Eur keiner hat ein gut Reiterpferd

Wie bald er sich auf den Sattel schwang
Und zog ihm (sich) selbst das Paar Stiefel an

Da reit er über ein Auen, was grün
Begegnet ihm ein Kaufmann, der deucht sich kühn

Hör lieber Kaufmann, und laß dir sagen
Wir wölln einander um die Tasche schlagen

Der Kaufmann was ein bhender Mann
Er gurt dem Epple sein Taschen an

Des Kaufmanns er gar wohl vernahm
Ein Bäuerin ihm auf den Straßen bekam

Die Bäurin fragt er auf der Stätt
Was man vom Epple sagen tät?

Die Bäuerin ihm ein Antwort gab
Der Epple wär ein nasser Knab

So sag mir, liebe Bäurin schon.
Was hat dir der Epple Leids getan?

Epple von Gailingen sich bald bedacht
Wie bald er da ein Feuer aufmacht

Er nahm das Schmalz und macht es warm
Stieß ihr die Hand drein bis an die Arm

Seh hin! da hast du den rechten Lohn
Und sag, der Epple Hab dirs getan!

Er schickt sein Knecht gen Fernbach hinab
Man sollt ihm bereiten ein gutes Mahl

Da kam der Epple von Gailingen ein.
Da bot ihm der Wirt einen kühlen Wein

Der Epple lugt zum Fenster hinaus
Da schub man ihn viel Wägen fürs Haus

Lieber Wirth, tu mir die Türen auf
Und laß mich sprengen über aus!

Da sprengt er über acht Wagen aus
Am neunten gab er den Gibel auf

So liegt mein Mutter am Rhein, ist tot
Darum muß ich leiden große Not

Da zog er aus sein gutes Schwert
Erstach damit sein reisig Pferd

Epple, hättst du das nit geton
Dein Leben wollten wir dir lon

Den Epple von Gailingen nahmens an
Brachten gen Nürnberg den gefangnen Mann

Und führten ihn auf den Rabenstein
Man legt ihn den Kopf zwischen die Bein

Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 230)
„Eppelein von Gailingen“ (Wikipedia)

Text nach zwei Augsburger Drucken des 16. Jahrhunderts bei Uhland Nr. 135 und Lil. 28. Dort die Quellen verzeichnet. Nach einem Nürnberger Drucke im Wunderhorn 4, 23.  Auch niederdeutsche Texte gabs im 16. Jahrhundert (s. Walther Annalen I, 248).

Das Lied, wahrscheinlich erst im 16. Jahrhundert abgefaßt, war durch fliegende Blätter im 16. Jahrhundert sehr verbreitet und noch 1610 zu Basel gedruckt: „In seiner eigenen Melodey“. — Die hier berichtete Tatsache fällt aber ins 14. Jahrhundert und spielt in Mittelfranken. Apollonius (Epple) von Gailingen, ein verwegner Raubritter, war berüchtigt und Nürnbergs unversöhnlicher Feind. Endlich wird er gefangen genommen und zu Neumarkt in der Oberpfalz 1381 durchs Rad vom Leben zum Tode gebracht im Alter von 70 Jahren. — Näheres bei G. C. Waldau, Vermischte Beiträge zur Gesch. der Stadt Nürnb., 1786, S. 209; bei Uhland, Schriften, 4, 163 und Liliencron, hist. Volksl., Nr. 28.)

Liederthema:
Liederzeit: vor 1400 : Zeitraum: ,
Orte:

Anmerkungen zu "Es war ein frisch freier Reitersmann"

„Von Herrn Appeln von Gellingen werden mancherley Historien gesagt und gesungen . . . Schüttensame ist auch ein solcher Gast“ — bemerkt Pfr. Wolf Bütner in seinem Epitome Historiarum, 1576, BI. 387. — Die Sage von Eppeln von Gailingen, welche ihn zu einem Zauberer gemacht hat, der mit seinem Zauberpferde von einem Berge zum andern, von der Burg in Nürnberg bis in das Tal springen konnte, ist noch jetzt in Nürnberg nicht erloschen (s. Grimm, deutsche Sagen, Nr. 129). Neben diesem mythischen Sprung von der Nürnberger Stadtmauer ist noch der in den Main bei Würzburg berühmt. Sein Rößlein war ein Wunschpferd und also die letzte Metamorphose des göttlichen Sleipnir (Schleifner) in der Edda.“ (Böhme, 1893, Liederhort II S. 15f)

Anmerkungen zum Text:

  • 1,1 Dieser Anfang uud noch andere Wendungen lassen erkennen, wie das Volkslied eine sichtliche Neigung für den kecken Ritter hat.
  • 1, 2 Gailingen oder Gailenreuth, im Wiesenthal in Oberfranken
  • ers statt er es; letzteres pleonastische Silbe der Volkssprache
  • 2 Trotzdem er mit Nürnberg in offener Feindschaft lag, ritt er doch, auf sein schnelles Roß und seine Reitergewandtheit bauend, in der Stadt ein und aus, ließ sogar dort sein Pferd beschlagen, um die Nürnberger zu verhöhnen
  • rothen Gülden neun (im Wdh)
  • 12, 1 jehen = sagen
  • 13, 2 diese neuen Reiterstiefel waren dem Raubritter abgebeutet und zum Spott im Tore aufgehängt worden.
  • 16, 2 schlugs, schlug sie; das s ist Anschleifung des Wortes sie; wir kennen blos noch die Silbe es als angeschleift z. B. er’s, statt er es, oder gabs, gab es.
  • 21, 2 in den Main, angeblich bei Würzburg
  • 22, 2 gut Reiterpferd hier so viel als ein Zauber- oder Wunschpferd
  • 26, 2 gurt, gürtete
  • 27, 2 ihm auf der Straße bekommen, soviel als ihm entgegenkommen, begegnen; so heißts auch im Wdh.: ein Bäurin ihm entgegenkam
  • 29, 2 nasser Knab, Trunkenbold, durstiger Bruder
  • 36, 2 er sah das Haus mit Wagen verbarrikadiert
  • 38, 2 er gab den Giebel auf — sein festes Haus, sein Glück war aus. Deutlichere Lesart im Wdh.: „Über dem neunten kehrt er das Unten auf“, d. h. er lag mit dem Rücken auf dem Boden
  • 39, l Durch das Gefühl gänzlicher Rettungslosigkeit bricht der Gedanke an seine längst in der Ferne begrabene Mutter sich hindurch.
  • 40, 2 Er stach sein edles Roß tot, weil es ihm nicht zur Befreiung verholfen hat
  • 41, 2 spottend gesagt: wär dein Roß noch am Leben, könntest du uns wieder entgehen, nun aber haben wir dich.
  • 43, 2 ist historisch unrichtig: nicht mit dem Schwert, sondern mit dem Rad ward er hingerichtet und nicht in Nürnberg, sondern in Neumarkt.

Eintrag in „Allgemeine Deutsche Biographie“ (1878):

Gailingen: Eppelein v. G., ein mit der Geschichte der Stadt Nürnberg verknüpfter und durch Lied und Sage vielfach gefeierter Ritter und Wegelagerer des 14. Jahrhunderts. Geboren um 1310, besaß er außer seinem Stammschlosse Gailing in der Nähe Rothenburgs an der Tauber, noch mehrere andere Burgen, wie Trameysel (Dramaus) im Bambergischen und Wald unweit Gunzenhausen. Nach der Sitte der damaligen Zeit nährte sich auch G., dessen Vorname auch als „Apel“ (Apollonius), „Eppela“, „Aeplein“, „Ekkelein“ und [312] dichterisch „Apollo“ erscheint, aus dem Stegreif, hielt zahlreiche Knechte und unternahm mit anderen Helfern vom fränkischen Adel, welche, 18 an der Zahl, das Nürnberger Achtbuch aufzählt (Waldau 216), Raubzüge nach den Reichsstädten Rothenburg, Weissenburg und Windsheim und schleppte deren Bürger und Unterthanen in die Gefangenschaft. Nach allen Erzählungen und Ueberlieferungen war er jedoch der größte Feind der Nürnberger, weil diese mehrere seiner Freunde aufgehoben und hingerichtet hatten und vermuthlich auch, weil bei den Bewohnern dieser Stadt und ihres Gebietes am meisten zu holen war, und noch jetzt sind die alten Reime nicht vergessen: „Eppela Gaila von Dramaus, Reit allzeit zum vierzeht aus“ und „Da reit der Nürnberger Feind aus, Eppela Gaila von Dramaus“. Endlich wurde er 1381 bei einem dieser Raubzüge zu Postbauer gefangen und nach Neumark in die Oberpfalz gebracht, wo ihm die Städte Nürnberg, Rothenburg, Weissenburg und Windsheim kurzen Proceß machten und ihn nebst zwei Rittern von Bernheim, deren einer sein Schwiegersohn war, daselbst mit dem Rade hinrichten ließen. G. selbst war damals fast 70 Jahre alt. Daß er indessen zu Nürnberg und zwar auf dem Rabensteine geendet habe, ist unhistorisch. Aber nicht sowol durch sein Raubritterthum, als weit mehr durch seinen Muth, seine Entschlossenheit und ganz besonders durch seine Verwegenheit und Tollkühnheit im Reiten, die ihres Gleichen nicht hatte, und die allerdings, wenn sie glückte, Bewunderung und Erstaunen, sowie auf seiner Seite höhnenden Spott gegen die ihn verfolgenden Feinde erregte, machte sich G. bei seinen Zeitgenossen und fast bis auf den heutigen Tag einen Namen. Unter diesen in Lied und Sage gefeierten Reiterkünsten werden besonders sein Sprung in den Main von einem hohen Felsen herab zwischen Karlstadt und Würzburg und sein Luftsprung über den Nürnberger Stadtgraben erwähnt. Die erstere Stelle wurde durch ein Steinkreuz bezeichnet und blieb Jahrhunderte durch ein Gegenstand der Verwunderung der Vorüberziehenden und die That selbst wurde später von Johann Lorich von Hadamar in seinem „Hodoeporicon“, Marp. 1541, lateinisch, sowie der letztere Sprung in einem deutschen Volksliede (Augsburg um 1500) besungen, das mit den Reimen schließt: „Darnach führten sie jn auff den Rabenstein, Man legt jhm den Kopff zwischen die Bein.“ Eine Zusammenstellung der Kosten, welche Nürnberg für seinen Theil auf die Gefangennehmung, den Proceß und die Hinrichtung Eppeleins und seiner Spießgesellen zu verwenden hatte, steht abgedruckt aus dem Nürnberger Archive aus dem J. 1381 im Anzeiger für die Kunde der deutschen Vorzeit 1860, S. 237 bis 238.