Ein Lied in Ehren

Ein Lied in Ehren
wer will´s verwehren
Singt´s Vöglein nicht im Blütenkranz
und Engel nicht im Sternenglanz
Ein guter froher Mut
ein frisches leichtes Blut
geht über Geld und Gut

Ein Trunk in Ehren
Wer will’s verwehren
Trinkt’s Blümlein nicht den Morgentau?
Und wächst die Traube denn zur Schau?
Nein, wer am Werktag schafft,
Dem bringt der Rebensaft
Am Sonntag neue Kraft

Ein Kuß in Ehren;
Wer will’s verwehren?
Küßt’s Blümlein nicht sein Schwesterlein,
Und’s Sternlein küßt sein Nachbarlein?
Ich sag‘, in Ehrbarkeit,
Mit Unschuld zum Geleit,
Und Zucht und Sittsamkeit

Ein frohes Stündchen,
Ist’s nicht ein Fündchen?
Jetzt haben wir’s, jetzt sind wir da;
Doch kommt’s vielleicht bald anders ja!
‚S währt Alles kurze Zeit
Der Kirchhof ist nicht weit
Und’s Grab gar bald bereit!

Das Leben endet,
Bald ist’s vollendet!
0 geb‘ uns Gott ’nen sanften Tod!
Ein gut Gewissen geb‘ uns Gott,
Wenn’s Leben heiter lacht,
Wenn alles blitzt und kracht
Und in der letzten Nacht.

Text: Johann Peter Hebel (1803, hochdeutsch durch Friedrich Girardet, 1821)
Musik: Ludwig Erk (1831, zurecht gesungen „am Rhein“ und 1894 aufgezeichnet vom Seminarlehrer K. Becker in Neuwied)

u.a. in Liederbuch des Handwerker-Vereins zu Potsdam (1859) — Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895)

Liederthema: ,
Liederzeit: vor 1831 : Zeitraum:

Anmerkungen zu "Ein Lied in Ehren"

Der alemannische Original-Text:

Ne Gsang in Ehre
wer will’s verwehre?
Singt ’s Tierli nit in Hurst und Nast
der Engel nit im Sterneglast?
E freie frohe Mut,
e gsund und fröhlich Blut
goht über Geld und Gut

Ne Trunk in Ehre
wer will’s verwehre?
Trinkt ’s Blüemli nit si Morgetau?
Trinkt nit der Vogt si Schöppli au?
Und wer am Werchtig schafft
dem bringt der Rebesaft
am Sunntig neui Chraft

Ne Chuß in Ehre
wer will’s verwehre?
Chüßt ’s Blüemli nit sie Schwesterli
und ’s Sternli chüßt si Nöchberli?
In Ehre, hani gseit
und in der Unschuld Gleit
mit Zucht und Sittsemkeit

Ne freudig Stündli
isch’s nit e Fündli?
Jez hemmer’s und jez simmer do
es chunnt e Zit, würd’s anderst goh
’s währt alles churzi Zit
der Chilchhof isch nit wit
Wer weiß, wer bal dört lit?

Wenn d‘Glocke schalle
wer hilftis alle?
O gebis Gott e sanfte Tod
E rüeihig Gwisse gebis Gott
wenn d’Sunn am Himmel lacht
wenn alles blizt und chracht
und in der letzte Nacht