Will sich Hektor ewig von mir wenden

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Will sich Hektor ewig von mir wenden

Andromache:
Will sich Hektor ewig von mir wenden
Wo Achill mit den unnahbarn Händen
Dem Patroklus schrecklich Opfer bringt?
Wer wird künftig deinen Kleinen lehren
Speere werfen und die Götter ehren
Wenn der finstre Orkus dich verschlingt?

Hektor:
Teures Weib, gebiete deinen Tränen
Nach der Feldschlacht ist mein feurig Sehnen
Diese Arme schützen Pergamus
Kämpfend für den heilgen Herd der Götter
Fall ich, und des Vaterlandes Retter
Steig ich nieder zu dem stygschen Fluß

Andromache:
Nimmer lausch ich deiner Waffen Schalle
Müßig liegt dein Eisen in der Halle
Priams großer Heldenstamm verdirbt
Du wirst hingehn, wo kein Tag mehr scheinet
Der Cocytus durch die Wüsten weinet
Deine Liebe in dem Lethe stirbt

Hektor:
All mein Sehnen will ich, all mein Denken
In des Lethe stillen Strom versenken
Aber meine Liebe nicht
Horch! der Wilde tobt schon an den Mauern
Gürte mir das Schwert um, laß das Trauern
Hektors Liebe stirbt im Lethe nicht

Text: Friedrich Schiller (1780)

Hektors Abschied wird in Schillers Räubern von Amalia von Edelreich in der 2. Szene des 2. Aktes gesungen, als Amalia mit dem Alten Moor spricht. Außerdem singt Amalia das Lied abermals im 4. Akt in der 4. Szene. Von Schiller mehrfach überarbeitet, wurde dies Lied dann zu einem seiner berühmtesten Gedichte. (Wikipedia)

„Seines altklassischen Inhalts halber wurde selbstredend das Lied nur in gebildeten Kreisen gesungen und so die Weise erhalten, die 1859 von zwei älteren Lehrern an Erk mitgeteilt wurde“ (Ob er sich da nicht irrt, der Böhme? in Volkstümliche Lieder der Deutschen, 1895)