Wie wohl ich bin ein alter Greis (Bruder Claus)

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Wie wohl ich bin ein alter Greis (Bruder Claus)

Wie wohl ich bin ein alter Gris
so dichten ich doch in schlichter Wis
der ihme hat vertrauet
das ist an Herzog Ulrich schein
Gott hat ihn widr geholfen ein
und mit sei’m Wort erbauet

Text: Verfasser unbekannt
Musik: Ach Gott in deinem höchsten Thron
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 252)

Liederthema: ,
Liederzeit: vor 1499 : Zeitraum:
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Geschichte dieses Liedes: ,

Zur Geschichte dieses Liedes: ,

Parodien, Versionen und Variationen:

Wir haben hier eine Melodie in mehreren Lesarten vor uns, die Herr v. Liliencron (Nachtrag S. 27) aus Handschriftlichen Quellen mitgeteilt und die unzweifelhaft unter verschiedenen Namen noch vielen andern Liedern gedient hat. Durch Vergleichen vieler historischer Lieder in der sechszeiligen Strophenform, deren Tonangaben auf einander verweisen, gelangt er S. 83 zu der Annahme, dass folgende Tonangaben zuletzt nur eine und dieselbe Singweise bezeichnen:

  • a) Der alte Gris (Wie wohl ich bin ein alter gris. 1499) und der geistliche Bruder Caus (In Gottes Namen heb ich an. 1513). Beide schon oben Nr. 252 besprochen.
  • b) „Sie sind geschickt zu Sturm und Streit“ ist ein verlorenes Landsknechtslied vor 1524, das nur durch Tonangaben zu historischen Liedern bekannt ist. Zunächst diente sein Ton zum Pavierlied 1525 (In Gottes Namen so heben wir an), dann zum Lied vom fränk. Bauernkriege 1525: Ach Gott in deinem höchsten Thron (s. unter D). Aus diesen Tonangaben hat man zu folgern, dass seine Musik in der vorliegenden erhalten blieb.
  • c) Der Pavierton (sechszeilig) 1525. Das Pavierlied mit dieser Strophenform hat die Überschrift: „Ein hübsch neu Lied der Stat Pavia, wie sie vom König aus Frankreych belagert und zum Sturm geschossen ward. Im thon, Sie sind geschickt zu Sturm und Streit.“Mit Gottes Hilf so heben wir an
    zu Lob der kaiserlichen Kron
    ein neues Lied zu singen
    Maria, mutter, reine maid
    dein liebes kind dir nicht versait
    hilf gott, daß uns gelinge.So der Anfang bei v. Liliencron Nr. 369. In einem Nürnb. Druck (s. Wolff 657) lautet er : In Gottes hilf so heben wir an. — Aus der Tonangabe hier erhellt, dass der Pavierton und die Weise „Sie sind geschickt etc“ identisch sind.
  • d) Der fränkische Bauerton (1525) hat seinen Namen von folgendem Liede auf den fränkischen Bauernkrieg: „Ein newes lied, wie es in der Fräönckischen Bauernkrieg ergangen ist, im Thon, Sie sein geschickt zum sturm und streit.“ Anfang nach Hildebr. 18 u, v. Lil. 379:Ach Gott in deinem höchsten Thron
    Im welschen und im deutschen Land
    du wollst uns nicht entgelten lon
    sich keiner hält nach seinem Stand
    daß wir so böslich leben
    thun alle widerstrebenAuf den Ton dieses Liedes verweist ein Lied (WK. III, 475) „etliche Ständ und Orden der Mönch und Pfaffen betreffend, In der Fränckischen Bauren Ton“, Anfang:

    Wacht auf, ihr Christen alle gleich
    und lobet Gott vom Himmelreich
    ein Licht ist aufgegangcn etc…

    Somit wieder ein anderer Name für dieselbe Melodie. Sie kommt mit dem Anfange „Ach Gott O Gott! in deinem höchsten Thron“ vielfach vor.

  • e) Das Württemberger Lied besingt Herzog Ulrichs Wiedereinsetzung 1534. Vom Text die Anfangsstrophe unter der Mel. oben; vollst, bei v. Lil. Nr. 452, Hildebrand 24. — Über dem Liede steht in der Ulmer Hs. „In seiner „eigen Melodei.“ Anderwärts heißt die Tonangabe: „Sie sind geschickt zu Sturm und Streit“; und wieder anderwärts: „Und singts wie’s Frewlein von Brithania * oder im thon von der schlacht vor Pavia zu singen.“ (Der unter * citierte Ton ist falsch, das Versmaß paßt nicht, s. Nr. 251 oben.) Der Pavierton sechszeilig wäre (nach v. Liliencron’s Annahme) kein anderer als „Ach Gott, in deinem höchsten Thron“, worauf der ähnliche Anfang des Ulrichliedes hindeutet.

Die Annahme des Herrn v. Liliencron, dass für alle diese 5 Tonangaben (A bis E hier>) nur eine Melodie vorhanden war, wird in Frage gestellt durch das oben Nr. 269 von mir beigebrachte Melodiefragment, das ich für den Anfang des wahren Pavierliedes (sechszeilig) halte.

Das Württembergerlied wird zu einem Reformationslied der Schweizer um 1534 angeführt auf einem fl. Bl. der Züricher Stadtbibliothek in Simler’s Ms. 29: „Ein hübsch nüw Lied, wie das wort Gottes in Zürich ist zum ersten entsprungen und predigt. . . In der wyß wie das Württemberger Lied, Ich lob Gott in dem höchsten thron.“ Anfang:

Ach rycher Christ in dinem thron
Wie blyt dyn Fygenbaum so schon
In Zürich hat er sin stammen
Die äst die ragend wyt und fer
ir frucht die fulet nimmer mer
Su kumpt von Gottes Nammen.

Dem fl. Bl. ist nicht die Melodie (wie Weller I, S. 308 angiebt), sondern nur ein unbrauchbares Notcnfragment ohne Text und zwar verkehrt beigedruckt. Wie die mir gütigst mitgeteilte Abschrift mich lehrt, ist es der Schluß irgend einer Melodie von ganz anderem Versbau und nicht zu unserer Melodie stimmend. (Böhme, Liederhort II. S. 87ff)

Anmerkungen zu "Wie wohl ich bin ein alter Greis (Bruder Claus)"

Dieses Lied vom „Bruder Clausen“ ist ein im Jahr 1499 entstandenes und lange gesungenes politisches Lied der Schweizer, das unter der Person des 1487 am 21. März verstorbenen Einsiedlers Nikolaus von der Flüe einen weisen Rat an die hadernden Schweizer ausspricht. Vollst. Textabdruck bei Körner 5, v. Liliencron Nr. 210. Sein Ton (in sechszeiliger Strophenform) wird bald als Bruder Clausenlied, bald als der alle Gris (Greis) andern Liedern vorgezeichnet. Die Melodie dazu ist nach Liliencrons wohlgegründetem Nachweise (Ton 87) gleich mit „Ach Gott in deinem höchsten Thron“ weshalb ich diese Singweise beigegeben habe. Melodie Handschriftl, aus der Ulmer Bibl. zum Liede „Ich lob Gott in dem höchsten Thron“, mitgeth. von Liliencron, Töne Nr. 2 B. Auf das Lied vom Bruder Claus gab es auch eine geistliche Umdichtung. gedr. zu Zürich, bei Aug. Frieß um 1540: „Ein hübsch Lied vom Bruder Clausen, Im Thon, Wiewohl ich bin ein aller Greyß:“

In Gottes namen heb ich an
so ich mich underwunden han
ein nüwes Lied zu singen
Christe durch deinen bittcrn tod
du uns behüt vor aller Not,
so mag uns nit mißlingen.

Zum ersten sönd ir wol verstan
wie Bruder Claus, der selig mann
wonhafft in Underwalden
Gab den Eydgenossen meng guden radt
den morgen und den abend spat
den jungen als den alten.

(WK, III, 1976)

Die Entstehungszeit des geistl. Bruder Claus setzt Liliencron (hist. V. III, 170) ums Jahr 1513, schwerlich früher.