Wie laute sang der Wächter auf der Zinnen

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Wie laute sang der Wächter auf der Zinnen

Wie laute sang der Wächter auf der Zinnen
wer noch bei seiner Liebsten liegt
der mag sich bald besinnen
dass er bei Zeit von dannen geht
eh ihm der Tag den Weg verlegt
er mach sich bald von hinnen

Text: Verschollen, von Böhme in Deutscher Liederhort rekonstruiert
Melodie mit obiger Übcrschrift in Souterliedekens 1540 zum geistlichen Liede: Die on gods beschirming is ghesten.
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 801a)

— Dieselbe Melodie mit einiger Abweichung schon im Antwerpner geistliche Liederbuch. 1539, Nr. 129, mit folgender geistlichen Parodie:

Hoe luyde sane die leeraer opter tinnen
so wie met sonden is beswaert
God latet hem verwinnen
Ende Keere hem in tijts tot Gode waert
Eer hem die doot den wech onder gaet
Hi is wijs dit can versinnen.

Wie laute sang der Lehrer auf der Zinnen:
Wer nun mit Sünden ist beschwert,
Gott laß es ihm gewinnen (= gelingen)
Daß er bei Zeit zu Gott sich kehrt.
Eh ihm der Tod den Weg hintergeht:
Wer weis‘ ist mag dies besinnen.

Liederthema:
Liederzeit: vor 1540 : Zeitraum:

Anmerkungen zu "Wie laute sang der Wächter auf der Zinnen"

Böhme: „Der weltliche Text ist nicht erhalten, weder deutsch, noch niederländisch. Eine Rückübersetzung, wie ich sie oben versucht habe, wird die Anfangsstrophe annähernd herstellen.

Bemerkt sei, dass schon im 15. Jahrh. das Wächterlied eine niederländische geistliche Umdichtung erfuhr. Sie steht aus einer Wiener Handschrift des 15. Jahrhunderts abgedruckt mit Melodie bei W. Bäumker, niederl, geistl. Lieder des 15. Jahrh. Lpz. 1888. Nr. 35. —

Auch in Deutschland fand das Wächterlied um 1430 durch Loufenberg eine geistliche Umbildung, aber die Melodie ist eine andere, wie folgt.

Eine vierzeilige Mel. in der Hdschr. Z. 98. 15. Jahrh. K. Bibl. Berlin — hat die Überschrift „Der Wächter an der zynnen“ (weiter kein Text). Die Tonfolge ist ganz abweichend von der obenstehenden: d e | f d f g | a a