Wenn Du noch eine Mutter hast

Wenn Du noch eine Mutter hast
so danke Gott und sei zufrieden.
Nicht allen auf dem Erdenrund
ist dieses hohe Glück beschieden.
Wenn Du noch eine Mutter hast
so sollst du sie in Liebe pflegen,
daß sie dereinst ihr müdes Haupt
in Frieden kann zur Ruhe legen

Sie hat vom ersten Tage an
um dich gebangt mit großen Sorgen.
Sie brachte abends dich zu Bett
und weckte küssend dich am Morgen.
Und warst du krank – sie pflegte dich,
den sie mit großem Schmerz geboren.
Und gaben alle dich schon auf:
Die Mutter gab dich nie verloren.

Sie lehrte dich den frommen Spruch
sie lehrte dich zuerst das Reden
sie faltete die Hände dein
und lehrte dich zum Vater beten
Sie lenkte deinen Kindersinn
sie wachte über deine Jugend
Der Mutter danke es allein
wenn du noch gehst den Pfad der Tugend

Und hast du keine Mutter mehr
und kannst du sie nicht mehr beglücken,
so kannst du doch ihr kühles Grab
mit frischen Blumenkränzen schmücken.
Ein Muttergrab  –   ein heilig Grab!
Für dich die ewig heil´ge Stelle!
Oh, wende dich an diesen Ort,
wenn dich umtost des Lebens Welle.

Text: Friedrich Wilhelm Kaulisch (um 1860, in Gebrauchsliederbüchern seit 1927)
Musik: obige Melodie aus Siebenbürgen, 1976 von Gerhard Fleischer aufgezeichnet. Komponist noch unklar. Weitere Vertonung von  Fr. X. Engelhart (), Johann Wilk (1811-1888) und vielen anderen
u. a. in Gesellenfreud (1913 ?)

Liederthema:
Liederzeit: vor 1866 : Zeitraum:
Schlagwort:

Anmerkungen zu "Wenn Du noch eine Mutter hast"

„Wenn du noch eine Mutter hast, so danke Gott und sei zufrieden… am Grab der Mutter (Text höchstwahrscheinlich von Friedrich Wilhelm Kaulisch (1827-1881 Dresden). Auch als Verfasser genannt: Albert Traeger (1830-1912, Hauspoet der „Gartenlaube„. Parodiert “Wenn du noch eine Schwiegermutter hast, so hänge sie an‘ nächsten dürren Ast” (1932)

"Wenn Du noch eine Mutter hast" in diesen Liederbüchern

Mehrfach in Liedflugschriften um 1871-73 (mehrfach für versch. Moritaten; ebenfalls: …Vater, so danke, Kind…), Die “um 1855-1865” datierte  Abschrift einer Handschrift (ohne nähere Angaben) setzt zum Verfassernamen (vielleicht vorschnell) ein Fragezeichen. – VMA Bruckmühl: Liedflugschrift Linz-Urfahr: Kraußlich, o. J. [1861-1894]  u. a. in: Burschen-Liederbuch (1928, Nr.104, Kaulisch) — Wie einst im Mai…,(1966 Fritz Nötzoldt, S.81) —  Deutsche Volkslieder aus Siebenbürgen (1974, *Brandsch, Bd.1, Nr.82) —  Heimatliches Liedgut… (1997, Nr.61, *Maria Herbrik, nach einer DVA-Aufz.) — (Angaben nach Holzapfel)