Schweigt von den Herrlichkeiten der alten Jägerei

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A
Schweigt von den Herrlichkeiten der alten Jägerei
Das waren gar finst re Zeiten Gott Lob sie sind vorbei
Da war’s im bunten Forste so wild und schauerlich
Es türmten Adlerhorste auf Rieseneichen sich

Den Achtzehnender schmauste der Wölfe wildes Heer
Und in dem Dickicht hauste der Auerochs und der Bär

B
Jetzt ist’s im Wald schön helle und niedlich jedes Wild
Den Baum zur Mühlenwelle sieht man nur mehr im Bild

Mit schlicht gekämmten Haaren rauh doch von außen nur
So zog vor hundert Jahren der Waidmann durch die Flur
Die Handschuh parfümieret und mit Manschetten kraus
Gepudert und frisieret zieht jetzt der Jäger aus

A
Des Frühstücks vor dem Jagen der Alten spotten wir
Sie stärkten sich den Magen mit Brot und warmem Bier
Das wäre uns zu fade das rühren wir nicht an
Wir schlürfen Chokolade aus Meißner Porzellan

B
Einst machten deutsche Büchsen und Flinten schwer und lang
Den Rehen Hasen Füchsen und Hirschen weidlich bang
Den Schaft Sammt tapezieret der Läufe leichtes Paar
Vom Franzmann fein gravieret krümmt ihnen jeţzt kein Haar

Auf Nadeln unter Tannen schlief einst der Jäger ein
Jetzt müssen’s Ottomanen, Sofas, Bergèren sein
Den Leithund unmanierlich zog er sich selber groß
Jetzt ruht ein Möpschen zierlich dem Sänger in dem Schoß

Wer auf beschneiten Höhen mit Keilern einst sich maß
Hatzt jetzt in Assembléen, Pagat und Ferolas
Ein Solo ist ihm lieber als Meleagers Schwein
Auch könnt ein Schnupfenfieber leicht seine Beute sein

Die Forstgesetze waren den Alten unbekannt
Jetzt gibt man den Scholaren den Bergstock in die Hand
Von Gaz und Azot schwätzen schon Knäblein aufgebläht
Nach kantischen Gesetzen wird jetzt der Wald besät

Drum biedre Waidmannseele halt fest am alten Brauch
Und dass ich’s nicht verhehle an Sankt Hubertus auch
Wo uns re Eichen sprießen steht fest der Adlerhorst
Wir treu und innig grüßen den lieben schönen Forst

Text: Verfasser unbekannt (vor 1800)
Musik: Auf auf zum fröhlichen Jagen

„Dieses Jäger-Spottlied fand ich in Zeitungen abgedruckt, angeblich nach einem auf Schloß Raudnitz in Böhmen 1840 aufgefundenen alten Exemplar. Das Lied soll schon um 1735 gedichtet worden sein. Dem widerspricht aber die Erwähnung von Kants Lehren, die erst 1788 bekannt wurden, also jedenfalls später, erst Ende des 18 Jahrhunderts, kann das Lied entstanden sein und wurde vermutlich nach der Weise „Auf auf zum fröhlichen Jagen“ gesungen.“
(Böhme, in: Volkstümliche Lieder der Deutschen, 1895, Nr. 599b)

Liederthema:
Liederzeit: vor 1780 : Zeitraum:
Geschichte dieses Liedes:

Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen:

1802 schrieb Novalis ein innig-gläubiges Gedicht auf  Jesus, der so viel am Kreuz erlitten hat und dessen Leiden dennoch ganz in Vergessen gerieten. Zehn Jahre darauf nahm Max von Schenkendorf dieses Gedicht als Inspiration und verfasste während der Befreiungskriege gegen das Frankreich Napoleons ein Lied auf den „Turnvater Jahn“ (Erneuter Schwur, an den Jahn, von wegen des heiligen teutschen Reiches), das dann vielfach nachgedichtet und im Liederbuch der SS in der Zeit des Nationalsozialismus gleich nach dem Horst-Wessel-Lied stand. Als Melodie verwendete Schenkendorf die des französischen Liedes „Pour aller à la chasse, il faut être matinal“ („Frisch auf zum fröhlichen Jagen“).

Auf auf zum fröhlichen Jagen (Hancke)

Dieses heute noch bekannte Jagdlied wurde erstmals 1723 als „Auf auf auf auf zum Jagen“ von Gottfried Benjamin Hancke ins Deutsche übertragen. Die „schmissige“ Melodie ist vielfach mit neuen Texten versehen worden, so z. B. 1742 von Christian Friedrich Henrici (genannt Picander) und Johann Sebastian Bach in der Bauernkantate (Mer hahn en neue Oberkeet, Aria 16 „Es nehme zehntausend Dukaten…“) und in den Befreiungskriegen um 1813 von Friedrich de la Motte Fouqué, der die erste Zeile in „Frisch auf zum fröhlichen Jagen“ änderte. Bis zum Ersten Weltkrieg wurde vor allem diese militärische Fassung vielfach gedruckt.

Goethes „Bundeslied“ von 1775 wurde – neben späteren Vertonungen – auch auf diese Melodie gesungen, eventuell schrieb Goethe den Text bereits auf „Pour aller à la chasse“? Besonders populär wurden die Neutextungen durch Max von Schenkendorf  „Erhebt euch von der Erde“ (1813) und „Wenn alle untreu werden“ (1814) aus den Befreiungskriegen.