Rädchen Rädchen gehe gehe

Rädchen Rädchen gehe gehe
Fädchen Fädchen drehe drehe
Dreh dich ohne still zu stehn
Denn im Himmel und auf Erden
Kann kein Sonnenstäubchen werden
Ohne Gehn und ohne Drehn

Wenn auf meinem Gartenbeete
Sonn und Regen sich nicht drehte
Ja da gäb’s kein grün Gericht
Wenn um meine Rasenstätte
Nie ein Frühlingslüftchen wehte
Meine Veilchen kämen nicht

Ohne Drehn und Wirbelklänge
Nie ein Verschen das man sänge
Wär’s auch noch so hübsch erdacht
Und blieb nachts, statt fortzudrehen
Einst einmal der Himmel stehen
Ach da blieb es finstre Nacht

Der Professor unser Vetter
Weiß doch wohl was Wind und Wetter
Sonne Mond und Sterne sind
Und der spricht, wir alle drehten
Uns mit Schlössern, Dörf‘ und Städten
Um die Sonne wie der Wind

Nun von Schnee und Wind und Wetter
Sonn und Erde weiß der Vetter
Freilich manches mehr als ich
Aber dass man ohne Drehen
Nicht ein Tänzchen kann begehen
Ja das weiß ich sicherlich

O da muss man immer schweben
Immer fliegen immer weben
Dass die Stäubchen drehn und wehn
Immer nach des Tanzes Weise
Zirkeln rechts und links im Kreise
Und da gilt kein Stillestehn

Drum du Rädchen gehe gehe
Und du Fädchen drehe drehe
Dreh dich ohne still zu stehn
Denn es wächst kein Blumenkränzchen
Und es wird kein Wintertänzchen
Ohne Gehn und ohne Drehn

Text: Anton Wall (um 1800)
Musik: August Harder (um 1800)

Liederthema: ,
Liederzeit: vor 1800 : Zeitraum:

Anmerkungen zu "Rädchen Rädchen gehe gehe"

Böhme merkt an in „Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895): „Verse, denn ein Gedicht ists wahrhaftig nicht, von Anton Wall in Leipzig nur gefertigt und vom dortigen Musiklehrer Harder um 1800 komponiert. Das Lied war lange beliebt und steht noch bei Fink und in Härtls Liederlexikon. Die über den Nutzen des Drehens sich ergehenden Reime im Munde einer Spinnerin erscheinen recht altklug. Poetischer ist dagegen das Spinnliedchen Bürgers: Hurre hurre hurre Schnurre Rädchen schnurre Trille Rädchen lang und fein trillé fein ein Fädelein mir zum Busenschleier etc… „