Wollt ihr hören ein neu Gedicht (Passionslied)

Ein schön Gesang vom Leiden unsers Herrn Jesu Christi

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Wollt ihr hören ein neu Gedicht (Passionslied)

Wollt ihr hören ein neues Gedicht
Das bitter Leiden und die Geschicht
Von unserm Herren Jesu Christ
Der aller Welt ein Schöpfer ist ?

Jesus der ging den Berg hinan
Er ruft seinen himmlischen Vater an
Ach Vater, liebster Vater mein
Könnt ich der Marter überhoben sein ?

„Ach Sohn, du liebster Sohne mein,
Der Marter kannst du nicht überhoben sein
Es ist viel besser, du sterbst allein
Denn die ganze Christenheit gemein“

Jesus der ging in Garten
seiner bittern Marter tät er warten
Da entschliefen ihm die Jünger sein
Der gütige Herr stund gar allein

Die Juden kamen gegangen
Mit Spießen und mit Stangen :
Mit Spießen und mit scharfem Gerüst
sie suchten den Herrn Jesum Christ .

Wen sucht ihr Juden gemeine
ihr großen und auch ihr kleinen?
Wir suchen Jesum von Nazareth
Ei , den ihr sucht und das bin ich

Die Juden sehr erschraken
Von unsers Herren Worten
sie fielen alle hinter sich
Der gütige Herr stund trauriglich

Er hieß sie wiederum auferstehn
Und ließ sie wiederum zu ihm gehn
Da küßt ihn Judas an seinen Mund
Der ungetreue falsche Hund

Die Weile währt nit lange
sie nahmen den Herrn gefangen
Indem zog Petrus aus sein Schwert
Hieb Malchus sein rechtes Ohr hinweg

Ach Peter, steck das Schwert hinein
Ich will ganz unverfochten sein
kein Fechten will ich von dir han
Jesus setzt Malchus sein Ohr wieder an

Petrus schrie mit heller Stimm gegen Gott
Herr , ich geh mit dir bis in den Tod
Mein Leben will ich bei dir lan!
Petrus der hub zu schwören an

„Petrus, schweig stille deiner Red‘:
Ehe denn der Hahn zum ersten kräht,
Wirst du mich verleugnen und verschwörn.”
Erst tät sich Petrus Trauren mehrn.

Sie legten ihn ein Ketten um seinen Leib,
Sie führten ihn weg zur selben Zeit,
Sie brachten ihn vor Kaiphas dar.
Der das Jahr Hoherpriester war.

Wie bald ihn Kaiphas binden ließ
Und ihn mit Ruten schlagen ließ,
Daß von ihm floß sein rosenfarbes Blut,
Das gnug für unsre Sünde tut

Da nahmen ihn der Juden Schar:
Der ein speit ihm in sein Antlitz klar,
Der andre gab ihm ein Backenschlag,
Daß der Herr von Herzen sehr erschrak

Da ward Jesus gar sehr veracht
Für Hannes, Kaiphas Schweher, bracht
Der Jesum Christum, Gottes Sohn
Aufsetzen ließ ein Dornenkron

Da leidt der Herr groß Laster und Schand
Für Pilatus, den Richter, ward gesandt
Da täten ihn die Juden verklagen
Auf daß er würd ans Kreuz geschlagen

Als ihn Pilatus ane sach,
Sprach er: „Was führt ihr für ein Klag
Gen diesen Menschen all gemein?”
Sie schrien: „Er will der Juden König sein.”

Pilatus wußt der Juden Haß,
Führt Jesum mit sich in sein Palast.
Von ihm da fordert er Bericht,
Jesus antwortet ihm aber nicht

Pilatus sprach aus Zorn und Grimm:
„Weißt du, daß ich ein Richter bin?
Zu tun, zu lassen hab ich Gewalt.”
Darauf antwortet ihm Jesus bald

In dein Händen hast weltlich Gericht,
Die G’walt hast du von dir selber nicht
Sondern von meim Vater oben herab
Der mich in die Welt gesendet hat

Do kam Pilatum an ein Graus,
Er führt Jesum bald wieder aus
Zu’n Juden redt er mit Geduld
„An diesem Menschen find ich kein Schuld

Die Juden schrien aus grimmigem Mut
Über uns soll gehn all sein Blut
Über uns und alle unser Kind
Läßt ihn los, bist nit des Kaisers Freund

Bald sich Pilatus von ihm wendt
Von Stund an wusch er seine Händ
„Unschuldig bin ich an diesem Blut
Seht, daß ihr ihn recht richten tut

Sie nahmen ihn in guter Acht,
Ein schweres Kreuz hätten sie ihm gemacht
Daran der Herr sollt werden geschlagen
Mußt er auf seinem Rücken tragen

Sie zwungen Simon, den frommen Mann
Daß er mußt helfen das Kreuze trag’n
An die Statt, da es ward aufgericht
Zu Gott hätt‘ er groß Zuversicht

Do ward Jesus ans Kreuz gehenkt,
Mit Gallen und Essig getränkt
Jesus, der schrie aus hartem Weh
„Eli lama asabthani!“

Zween Mörder wurden mit ihm gehenkt
Der ein‘ ihn tröst, der ander‘ ihn kränkt
Der erste sprach zu ihm zugleich
„Herr, denk mein, in deins Vaters Reich.

Der ander sprach mit großem Spott
„Nun hilf uns und dir, bist du Gott
Lös uns von diesem harten Band
Des du neben uns hast große Schand.

Ach Vater, wie verläßt du mich!
Überheb mich des, das bitt ich dich
Gib mir Geduld in meinem End
Nimm meine Seel in deine Händ!

Ach Vater, liebster Vater schon
Vergib ihn‘, sie wissen nicht, was sie tun
Sprach Jesus in seiner letzten Zeit
Hiemit sein Seel vom Leibe scheid

Die Juden sprachen mit großem Spott
Bist du ein König und nennst dich Gott
Hilf dir selber und steig herab!
Hiemit Jesus sein Geist aufgab

Wie das einer unter ihn‘ ersach
Alsbald er ihn in sein Seit stach
Daraus floß Wasser und Blut
Der ganzen Christenheit zugut

Es war ein frommer Mann allda
Hieß Joseph von Arimathia
Der bat um den Leichnam zart
Auf daß er da begraben ward

Joseph, der fromm‘ Mann nahm ihn ab
Und tät ihn legen in sein Grab
Am dritten Tag wieder auferstand
Und sitzt zur rechten Gotteshand

Er herrscht in des Vaters Herrlichkeit
von nun an bis in Ewigkeit
Zu urteilen in derselben Frist
Alles, was tot und lebendig ist

Da wird er lan die Posaunen erschall’n
Die Toten wird er wecken all
Da wird ein jeder nehmen sein Lohn
Was er Guts oder Übels hat getan

Darum sollt ihr dankbar sein
Gott um solch bitter Leiden sein,
Das er um unsertwillen getan allein,
Damit er uns löst von der Höllen Pein.

Text und Musik: Verfasser unbekannt
Deutscher Liederhort III (1894, Nr. 1957)

„Unser protestantischer Text, vermutlich um 1540 von einem Laien verfasst und im Wortlaut sich an Luthers Bibelübersetzung anlehnend, wurde in viele katholische Gesangbücher aufgenommen, mit einigen Varianten, aber stets mit Weglassen der Einleitungsstrophe, also mit dem Anfange: „Jesus ging den Berg hinan“ ,so zuerst vom Kölner Gesangbuch . 1623 und Mainzer Gesangbuch . 1628 , ( beide geben 2. – 8 . Strophe der obigen Fassung wortgetreu ) , ferner bei Vogler 1625 , Würzburger Gesangbuch. 1628 , Bamberger Gesangbuch . 1628 , Comer Gesangb . 1631. Auch die Melodie mit geringer Abweichung fand darin Aufnahme.“ (Böhme, Liederhort)

Liederthema:
Liederzeit: vor 1560 : Zeitraum:
Geschichte dieses Liedes:

Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen:

Zweite Melodie zu "Wollt ihr hören ein neu Gedicht (Passionslied)"

Zweite Melodie zu Wollt ihr hören ein neu Gedicht (Passionslied)
Katholische Fassung der Melodie, Kölner Gesangbuch, 1623

Anmerkungen zu "Wollt ihr hören ein neu Gedicht (Passionslied)"

Geistliches Volkslied, im 16. und 17. Jahrhundert sehr verbreitet. Text hier nach einem Einzeldruck Nürnberg durch Valentin Newber, um 1560. Überschrift: Ein schön Gesang vom Leyden unsers Herrn Jesu Christi. In seinem alten Ton : Wolt ihr hören ein newes gedicht .

Wadernagel ( Kirchenl . II s. 956 ) hat den Tert unter die vorreformatorischen Lieder gestellt und bemerkt : „ Ich habe gezweifelt , ob ich das Gedicht vor oder nach Luther setzen sollte , da mir die Darstellungsweise und sprache im ganzen mehr für die Zeit um 1540 , Einiges dagegen namentlich auch in der Versbildung und sprache , für ältere Entstehung zu streiten schien . so mag es hier seinen Platz behaupten , bis eine weitere Prüfung möglich , ist . liegt ihm ein altes Lied zu Grunde , so kann es nur ein Ruf gewesen sein . “

Wollt ihr hören ein neues Gedicht

Entgegen Wackernagel halte ich es nicht für die Überarbeitung eines ältern Textes , sondern für die Originalfassung selbst, da von katholischer Seite bis jetzt ( 20 Jahre nach Wadernagels Niederschrift ) noch keine Grundlage für dieses Lied aufgefunden ist und finde auch in der Sprache und Versform nichts Altertümelndes , was auf vorreformatorische Zeit zurückweisen könnte .

Der Herausgeber des Kölner Gesangbuches 1623 setzt zwar als Überschrift : „Ein stück aus einer alten Passion“ und schreibt s. 133 : „Das ich aber nach dem ersten , zwey alte Gesänglein also in ihren einfältigen , ungereimten Reimen hab gelassen , ist die Ursach , weil die Kinder vor Jahren diese Wort also gefast und quo semel est imbuta etc. jetzt schwerlich ist aus frummen Hölzlein gerade Pfeil und Boltzen drechslen “. Damit ist aber der katholische Ursprung unsers Passionsliedes durchaus nicht erwiesen; denn 1623 konnte der Mann recht wohl ein um 1540 entstandenes um 1560 gedrucktes Lied ein „altes“ nennen, das um seine Zeit auch den „katholischen Kindern“ bekannt war.

Die Melodie ist durchaus volksmäßig und in den katholischen Gesangbüchern mit der protestantischen Fassung von 1593 ziemlich gleichlautend, nur besser . Dieses Gleichbleiben der Singweise scheint mir dafür zu sprechen, das sie die ursprüngliche, der „alte Ton“ war, auf den einige Drucke verweisen. Es taucht zwar noch eine andere, aber rhythmisch verrenkte Melodie im Eislebener Gesangbuch 1598 Nr. 31 für unsern Text auf, fand aber keine Verbreitung und ist schwerlich gesungen worden. Der Leser wird an ihren Anfangstakten genug haben, die so lauten:

Aus protestantischen Gesangbüchern wurde Anfang des 17. Jahrhunderts unser Passionslied entfernt und nur in den katholischen noch eine Zeit lang fortgeführt, bis es auch daraus verschwand . Nach unserer Passionsmelodie sang man das Lied auf den Grafen Egmont ( 1578 hin gerichtet ) 7. WX . 4 , Nr . “ 764

"Wollt ihr hören ein neu Gedicht (Passionslied)" in diesen Liederbüchern

Abdruck bei Wackernagel , Kirchenlieder. II . 1189. – Gleichlautend fand Wadernackel den Text auf einem Druck von Nik . Knorr . Mehr oder weniger abweichend : Straßburger Druck von Thiebolt Berger ( um 1570 ) , Bönnisches Gesangbuch vor 1564 , Magdeburger Niederd. Gesangbuch 1565 , Keuchenthal’s Gesangb . Wittenb . 1573 , Kopenhagener Gesangb . 1571 , Leipziger Gesangb . 1582 , Eislebener Gesangb . 1598 , Dresdner Gesangb . 1589 und 1590 . Am meisten abweichend : Greifswalder Gesangbuch 1597 , Koler’s Hausgesänge 1570 , und der Marburger Einzeldruck von 1555 ; letzterer ist der älteste vorhandene Druck, aber sichtlich überarbeitet . Der Anfang heißt : Nun wölt ir hören ein schön Gedicht , von Gott dem Vatter zugericht seim lieben sohn , herr Jesu Christ , der aller welt eyn heyland ist . “